Politische Krise in Leonberg Jetzt hilft nur noch ein Pfingstwunder

Im Leonberger Rathaus kehrt keine Ruhe ein. Foto: /Simon Granville

Der Streit um die Wahl der ehrenamtlichen Bürgermeister ist bezeichnend für die politische Lage in der Stadt, meint unser Leonberger Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.

Leonberg: Thomas K. Slotwinski (slo)

Kurz vor dem Pfingstfest ist die politische Lage in der Leonberger Kommunalpolitik keineswegs entspannter als vor Ostern oder vor Weihnachten. Im Gegenteil: Mit der langen Krankschreibung des Oberbürgermeisters hat sich die Führungskrise im Rathaus eher noch verstärkt. Jetzt ist es am Baubürgermeister, eine große Verwaltung mit rund 1000 Beschäftigten zu führen.

 

Klaus Brenner hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich in erster Linie als Planer und Stadtgestalter sieht – und erst in zweiter Linie als Politiker. Seit der Zwangsbeurlaubung von Josefa Schmid durch Martin Georg Cohn hat sich der Chef des Planungsdezernates zwangsläufig mit anderen Fachbereichen beschäftigen müssen. Und auch die Zahl der von ihm geleiteten Sitzungen ist exorbitant in die Höhe gegangen. Die Situation ist zwar fernab der Normalität, aber irgendwie hat es funktioniert.

Das ist einerseits richtig, und Brenner hat sich klaglos in seine für ihn ungewohnte und wohl auch ungewollte Rolle als OB-Stellvertreter gefügt. Doch mit dem Krankenstand des Oberbürgermeisters, der vorerst bis Ende Mai andauert, hat sich die Lage geändert. Sollte der Baubürgermeister – aus welchen Gründen auch immer – ebenso ausfallen, stünde die Stadt in der Tat führungslos da. Deshalb hatte sich der Gemeinderat schon vor Wochen grundsätzlich geeinigt, drei ehrenamtliche Bürgermeister, entsprechend der Fraktionsgröße, einzusetzen. Einer von ihnen könne im Ernstfall die Geschäfte übernehmen und dringende Themen klären.

SPD: Ein Vertreter reicht

Die Wahl war für die kommende Sitzung im Juni angesetzt, hat nun aber kurz vor Pfingsten stattgefunden. Eben weil der OB länger ausfällt, haben die Freien Wähler und die CDU darauf gepocht. Der SPD hätte es genügt, mit einem Verwaltungschef Brenner die Pfingstferien zu überbrücken. Selbst wenn dieser ein paar Tage Urlaub macht, so sagt SPD- Fraktionschef Ottmar Pfitzenmaier, wäre Brenner erreichbar gewesen. Allenfalls ein ehrenamtlicher Bürgermeister wäre für den SPD-Chef vertretbar gewesen, nicht aber derer drei.

Und was für die SPD noch schwerer wiegt: Nach der Kommunalwahl am 9. Juni muss das Trio der ehrenamtlichen Bürgermeister ohnehin neu bestimmt werden – zumindest dann, wenn sich die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat ändern. Ist also die per Sondersitzung vollzogene Wahl kurz vor Pfingsten ein rein taktisches Manöver, um die SPD im allgemeinen und deren Kreistagskandidaten Cohn im besonderen zu schädigen? Diese Interpretation der Sozialdemokraten ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

Allerdings bleibt die grundlegende Ausgangssituation, dass es an der Leonberger Rathausspitze eine massive Führungskrise gibt. Und zwar nicht erst seit dem 23. Juni 2023, jenem Tag, an dem der OB seine Vize regelrecht rausgeschmissen hat. Schon vorher tobte ein erbitterter Machtkampf zwischen beiden, der sich in gravierender Weise auf das Innenleben der Stadtverwaltung ausgewirkt hat. Die Kündigungen haben ein überdurchschnittliches Maß erreicht. Den Beteuerungen des Oberbürgermeisters, die Stimmung im Rathaus sei gut, wurde mehrfach widersprochen – wohl nicht grundlos hinter vorgehaltener Hand.

So oder so: Die Gesamtlage ist unverändert verfahren, die Aussicht auf eine Verbesserung ist äußert gering. Es sei denn, in der Leonberger Kommunalpolitik geschieht eine Art Pfingstwunder: Die Akteure werden vom Heiligen Geist erfasst und sind forthin in der Lage, die Dinge im Sinne der Bürger wie auch der Verwaltungsmitarbeiter zu lösen.

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