Der Streit ums Klinikgelände in Vaihingen/Enz zeigt, wie dünnhäutig Institutionen in finanziellen Schwierigkeiten reagieren – ein öffentlicher Schlagabtausch schadet jedoch allen.
Wenn Landkreis-Vertreter einem Oberbürgermeister öffentlich Falschaussagen vorwerfen – und das nicht etwa in einer Pressekonferenz, sondern auf Instagram – dann ist eine Grenze überschritten. Der Streit um das Klinikgelände in Vaihingen/Enz ist kein Sachkonflikt um ein paar Hektar. Es ist ein Lehrstück darüber, wie dünnhäutig öffentliche Institutionen in finanziell angespannten Zeiten reagieren – und wie das der Demokratie schadet.
Ausgangspunkt ist das Krankenhausareal, das die Stadt Vaihingen einst dem Landkreis für die medizinische Versorgung der Bürger geschenkt hat. Nun will die Regionale Kliniken Holding (RKH) das Gelände mit dem Segen der Kliniken-Aufsichtsräte verkaufen – mutmaßlich für einen möglichst hohen Preis, denn der Kreis braucht Geld. Die Stadt wiederum hat eigene Pläne: Versorgung sichern und neue medizinische Strukturen schaffen.
Vorwürfe auf Instagram – echt jetzt?
An sich kein sonderlicher Interessenskonflikt – überraschend ist der öffentliche Streit. Oberbürgermeister Uwe Skrzypek fühlt sich übergangen und warf dem Kreis auf Instagram Immobilienspekulation vor. Der Gegenangriff folgte prompt – das Landratsamt warf Skrzypek auf Instagram vor, Falschbehauptungen zu verbreiten. Auf dem offiziellen Instagramkanal des Landratsamtes werden normalerweise Bürger über Termine und Angebote informiert – nun wurde es zu einem politischen Sprachrohr.
Wer den Schlagabtausch begonnen hat, spielt keine Rolle – klar ist: Der Instagram-Kanal des Landratsamtes ist kein Raum für solche Anschuldigungen. Meinungsaustausch ist grundsätzlich legitim, doch Unterstellungen wie Immobilienspekulationen oder Falschaussagen lassen sich auf einer Plattform wie Instagram nur schwer sachlich diskutieren. Die kurze Aufmerksamkeitsspanne, der schnelle Ton und die verkürzte Darstellung begünstigen die sowieso schon ständige Gereiztheit im Internet. Was auf Bundes- oder Weltebene online passiert, sollte nicht zur Vorlage für Lokalpolitik werden. Wer so Anschuldigungen verbreitet, riskiert nicht nur Streit zwischen Institutionen, sondern gefährdet das Vertrauen der Bürger.
Leider werden solche Konflikte in den nächsten Jahren wohl häufiger. Die finanziellen Spielräume von Landkreisen und Städten schrumpfen, gleichzeitig steigen die Aufgaben. Öffentliche Ebenen könnten immer weniger miteinander arbeiten – sondern mehr miteinander ringen. Wohin zieht das Gewerbe? Wer kriegt eine Stadtbahn? Wer bekommt die meisten Erzieher?
Das große Ganze im Blick behalten
Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, ob staatliche Ebenen zusammenhalten. Protektionismus, der Fokus auf die eigenen Vorteile, mag kurzfristig Vorteile bringen – langfristig schwächt er aber die Region. Wenn das Landratsamt und die Stadt in diesem Fall keinen guten Umgang und Kompromiss finden, verlieren am Ende alle: die Bürger, die medizinische Versorgung, und die politische Kultur.
Solche öffentlichen Scharmützel sind Wasser auf die Mühlen jener, die ohnehin am Vertrauen in die liberale Demokratie sägen. Wenn zwei Ebenen der öffentlichen Hand sich wie Kontrahenten verhalten, statt als Partner, befeuert das Verdrossenheit und öffnet extremen politischen Rändern Tür und Tor. Daher braucht es: Gespräche, Kompromissfähigkeit, einen respektvollen Ton – und keinen Instagram-Schlagabtausch.