Von der Regierung hat die CDU nichts verstanden, von der Opposition versteht sie schon gar nichts und am Personal fehlt es auch. Thomas Strobl kennt kein Mensch, meint Claus Schmiedel, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag und spottet, „Stefan Mappus taucht wieder auf, Günther Oettinger war nie richtig weg – man muss nur warten bis Hans Filbinger aus dem Jenseits kommt und sagt, ich will auch wieder mitspielen.“ Schmiedel reißt mit seinen Sticheleien in Ludwigsburg das Publikum zu einem der seltenen Lacher hin. Sonst ist die Stimmung gedämpft.

Die roten Luftballonherzchen mit dem Aufdruck SPD sind nur Zierrat für die Treppe, im Saal geht es schnörkellos zu. Nüchtern, wie es für die baden-württembergische Sozialdemokratie typisch ist, erstattet Nils Schmid Bericht. Der oberste Wassertrinker der Partei hat so gar nichts von einem Wirtshausredner und er wirkt auch nicht, als fühlte er sich in seinem Element. Sein Auftritt ist eine umfassende Bilanz. Er kritisiert pflichtschuldig die „schlechteste Bundesregierung aller Zeiten“, die politisch und moralisch gescheitert sei und für den Verfall von Verlässlichkeit und Anstand stehe.

Männerbündische Opposition

Im Land wirft er Peter Hauk und Hans-Ulrich Rülke „Ränke, Radau und Randale“ vor und verbittet sich in Zukunft die „wütenden Beschimpfungen“ der „männerbündischen“ Opposition gegen die weiblichen Regierungsmitglieder. Namentlich verteidigt der Landesvorsitzende die Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer, die als einziges Kabinettsmitglied im Forum war, und die Integrationsministerin Bilkay Öney.

Hier traf sich Kretschmanns Rede mit der von Fritz Kuhn, Heidelberger Bundestagsabgeordneter und neuerdings Kandidat für den OB-Sessel in Stuttgart. Er spüre die „Zerrissenheit“ vieler Grüner überhaupt nicht, die in Sachen Bahnhofsbau „einerseits dagegen“ seien und „andererseits bauen“ müssten: „Der Volksentscheid ist das letzte Wort“, sagte Kuhn. Er lasse sich auch nicht als „Verräter“ titulieren, schließlich seien es die Grünen gewesen, die 16 Jahre lang gegen S 21 gekämpft hätten und am Ende eine „bittere Niederlage“ hätten hinnehmen müssen. Nach vorne will Kuhn schauen und das will er auch im anstehenden Wahlkampf sagen: „In Stuttgart muss jetzt, wenn’s ein Problem gibt, eine andere Antwort her als Vergraben und Beton. Das können die Schwarzen nicht.“

Fritz Kuhn läuft sich für Stuttgarter OB-Wahlkampf warm

Noch ein Seitenhieb gegen einen Konkurrenten um den Stuttgarter Rathausstuhl, dann war die aus Berlin angereiste Renate Künast dran. „Ob man in Stuttgart einen Badener aufstellen will, muss man sich auch mal überlegen“, sagte der in Bad Mergentheim geborene Kuhn. Andreas Renner, ehemals OB der Stadt Singen und dann Sozialminister, stammt aus Stockach am Bodensee. Künast unterstützte Kuhn mit einer Erzählung aus alten Zeiten. Öfter sei sie mit Rezzo Schlauch und Kuhn nach langen Arbeitstagen in Stuttgart eingekehrt, damals, als Schlauch vergeblich versuchte, die Nachfolge Manfred Rommels zu erringen. Als es ans Zahlen gegangen sei, habe Kuhn immer in seinen Taschen gekramt und zu Schlauch gesagt: „Kannst du zahlen? Ich habe nur einen 500-Mark-Schein.“ Das Fazit der Berlinerin: „Der Fritz kann auch mit Geld umgehen.“

Das gefiel den Oberschwaben und auch Winfried Kretschmann sah noch ein aufmunterndes Plakat. Die grüne Jugend hielt es hoch und verkündete darauf, Kretschmann sei der „Beschde“.

Die CDU setzt auf Frauenpower

Für die CDU war es ein Jubiläum und eine Premiere zugleich: zum zehnten Mal veranstaltete sie ihren politischen Aschermittwoch in der Fellbacher Kelter, aber zum ersten Mal als Oppositionspartei. Etwas bang sei ihm da ob des Zulaufs schon gewesen, verriet der neue Landeschef Thomas Strobl. Doch mit mehr als 2000 Besuchern habe man einen Rekord erreicht – für Strobl ein ermutigendes Signal.

Ein wenig Selbstkritik schlug der Heilbronner Bundestagsabgeordnete zwar auch an. Vor allem die Frauen, analysierte er, habe man bei der verlorenen Landtagswahl nicht erreicht. Deswegen erklärte die Südwest-CDU 2012 flugs zum „Jahr der Frau“: Durch die Befragung von mehreren Tausend Frauen will sie in Erfahrung bringen, was diese von der Politik und der Partei erwarten. „Allerspätestens 2016“, sagte Strobl, wolle man schließlich die Macht in Baden-Württemberg wieder zurückerobern – da zählt jede Stimme.

Strobl sieht Grün-Rot nur als „Mittelmaß“

Bis dahin droht dem Land aus Sicht der CDU eine Leidenszeit, in der sogar seine wirtschaftliche Spitzenstellung gefährdet sei. Unter den Unionsregierungen sei es immer der Ehrgeiz gewesen, die Nummer eins zu sein, erinnerte Strobl. Grün-Rot hingegen sei „Mittelmaß“ und „dieses Landes nicht würdig“. Ehrgeiz entfalte die Regierung Kretschmann nur darin, Posten mit Gefolgsleuten zu besetzen – wie bei den Regierungspräsidenten. Untadelige Beamte würden da in den Ruhestand versetzt, um Parteigänger zu versorgen – „das ist grüner Filz“, schimpfte der CDU-Chef. „Stoppen Sie diesen Irrsinn“, appellierte er an den Ministerpräsidenten. Schon nach weniger als einem Jahr führe sich die neue Regierung auf, „als gehöre ihr das Land“.

Von der Leyen spottet über Grün-Rot

Passend zum „Jahr der Frau“ gab es erstmals eine Hauptrednerin in der Kelter: Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. „Die wäre bei Mappus nie eingeladen worden“, meinte ein CDU-Stratege; für den sich als konservativ gerierenden frühere Ministerpräsidenten war sie eher ein rotes Tuch. Dem Publikum in Fellbach – größte Gruppe: ältere Herren – gefiel indes die spott- und kampfeslustige Rede von der Leyens. Immer wieder wurde sie von starkem Beifall unterbrochen – vor allem bei ihren Attacken gegen Grün-Rot in Stuttgart. Die SPD bekam nur nebenbei eins verpasst: Das Auffälligste an der Koalition sei die Unauffälligkeit von Finanzminister Nils Schmid. Den Grünen aber widmete sich von der Leyen ausführlich. Vorbei sei für sie die „unerträgliche Leichtigkeit des Neins“, die „kuschelige Drückebergerzeit“. Nun, da sie statt dagegen zu sein selbst gestalten müssten, komme nichts. Auf Schwäbisch empfahl die Arbeitsministerin der Regierung ein spöttisches Motto: „Mir wollet nix, mir könnet nix, mir schaffet nix – aber das so lang wie’s geht.“ Da jubelte der Saal ebenso wie bei den Seitenhieben gegen Verkehrsminister Winfried Hermann, den Lieblingsgegner der CDU. Hermann solle Stuttgart 21 umsetzen? Da könne man „gleich die Elefanten aus der Wilhelma in den Porzellanladen schicken“.

Schmiedel sorgt für Lacher

Von der Regierung hat die CDU nichts verstanden, von der Opposition versteht sie schon gar nichts und am Personal fehlt es auch. Thomas Strobl kennt kein Mensch, meint Claus Schmiedel, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag und spottet, „Stefan Mappus taucht wieder auf, Günther Oettinger war nie richtig weg – man muss nur warten bis Hans Filbinger aus dem Jenseits kommt und sagt, ich will auch wieder mitspielen.“ Schmiedel reißt mit seinen Sticheleien in Ludwigsburg das Publikum zu einem der seltenen Lacher hin. Sonst ist die Stimmung gedämpft.

Die roten Luftballonherzchen mit dem Aufdruck SPD sind nur Zierrat für die Treppe, im Saal geht es schnörkellos zu. Nüchtern, wie es für die baden-württembergische Sozialdemokratie typisch ist, erstattet Nils Schmid Bericht. Der oberste Wassertrinker der Partei hat so gar nichts von einem Wirtshausredner und er wirkt auch nicht, als fühlte er sich in seinem Element. Sein Auftritt ist eine umfassende Bilanz. Er kritisiert pflichtschuldig die „schlechteste Bundesregierung aller Zeiten“, die politisch und moralisch gescheitert sei und für den Verfall von Verlässlichkeit und Anstand stehe.

Männerbündische Opposition

Im Land wirft er Peter Hauk und Hans-Ulrich Rülke „Ränke, Radau und Randale“ vor und verbittet sich in Zukunft die „wütenden Beschimpfungen“ der „männerbündischen“ Opposition gegen die weiblichen Regierungsmitglieder. Namentlich verteidigt der Landesvorsitzende die Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer, die als einziges Kabinettsmitglied im Forum war, und die Integrationsministerin Bilkay Öney.

Er jedenfalls sei froh, mit den Grünen zu regieren, versichert der stellvertretende Ministerpräsident. Dass es mal knirsche gehöre dazu, man werde alles in den Griff kriegen. Der Superminister rät zur Gelassenheit. Man habe noch vier Jahre Zeit mit der Umsetzung – mindestens. Denn die Vorstellung, dass die Union 2016 die Uhren zurückdrehen könnte, dass die Wahl 2011 nur ein Betriebsunfall gewesen sein könnte, findet Schmid unerträglich, „das werden wir nicht zulassen“.

Während der Fastenzeit kein Wort gegen die Grünen

Und auch Schmiedel will die Koalition nach 2016 fortsetzen. Allerdings in geänderter Reihenfolge von Grün-Rot in Rot-Grün. Damit trifft er den Nerv der Genossen, die ihm begeistert zujubeln. Vorerst gelobt er, während der Fastenzeit kein böses Wort gegen die Grünen zu sagen. Das Publikum dankt mit befreitem Lachen. Das geht nicht gegen Schmid, heißt es hinterher. „Man braucht beide, sie sind ein gutes Tandem.“

FDP wettert gegen Grün-Rot

Beim politischen Aschermittwoch der Südwest-FDP hat Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann Günstlingswirtschaft vorgeworfen: „Man kann nicht bei kleinen Staatsdienern sparen und bei den eigenen Parteigängern das Geld zum Fenster rausschmeißen“, sagte Rülke in Karlsruhe.

Rülke und FDP-Landeschefin Birgit Homburger bescheinigten der Koalition in Stuttgart Misswirtschaft. Es sei ein „einziges Gewürge“, was diese Landesregierung abliefere, sagte Homburger. Rülke kritisierte die geplante Ablösung aller vier Regierungspräsidenten. Unter Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) habe mit Gerlinde Hämmerle auch eine SPD-Politikerin Regierungspräsidentin sein können.

Homburger kündigte Widerstand gegen die grün-rote Bildungspolitik an: Dass der Klassenteiler an den Schulen nicht gesenkt werde, sei eine „krasse Fehlentscheidung“, der Modellversuch zu G9 an den Gymnasien sei „Schwachsinn“. Die geplanten Gemeinschaftsschulen sind den Liberalen ein Dorn im Auge: „Jeder kann alles, wenn nur das Niveau genügend sinkt.“

In der Debatte über die Nominierung von Joachim Gauck als Bundespräsidenten wies Homburger den Vorwurf des Vertrauensbruchs zurück. Mit Blick auf CDU-Landeschef Thomas Strobl, der indirekt mit einem Bruch der schwarz-gelben Koalition gedroht hatte, sagte sie: Strobl solle nicht die „beleidigte Leberwurst spielen.“