Ein Chornetzwerk mit dem Freien Chor Stuttgart verbindet Gesang und Politik an diesem Samstag im Theaterhaus unter dem Motto „Neues Land in Sicht“

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - In einem Volkslied des 18. Jahrhunderts heißt es „Die Gedanken sind frei“. Zum Thema Freiheit gehört aber auch die Erkenntnis „Singen macht frei“. Solche und ähnliche Gedanken waren es wohl, weshalb sich einige Stuttgarter 1993 zum freien Chor Stuttgart zusammenschlossen. Frei sein, um auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen, um zu demonstrieren und zu protestieren. Das Ganze eben auch mit Gesang.

 

Bei Demos und Gedenkveranstaltungen

35 Menschen aus Stuttgart und Umgebung sind derzeit bei diesem „links-sentimentalen Gesangsprojekt“ aktiv. Sie treten auf etwa bei Kurdistan-Demos wie im Gründungsjahr, bei Anti-Kriegs-Kundgebungen, bei 1.-Mai-Feiern, bei Gedenkveranstaltungen zu Themen aus der NS-Zeit oder natürlich bei den Montagsdemonstrationen gegen Stuttgart 21. Diesen Freiheitsgedanken, Gesang mit politischem Engagement zu verbinden, haben aber nicht nur diese Stuttgarter, sondern auch beispielsweise der Susi-Chor aus Freiburg, die Zwischentöne aus Reutlingen, der Tübinger Ernst-Bloch-Chor und Kontrapunkt aus Ulm. Die fünf haben sich zu einem Chornetzwerk zusammengetan, um wieder einmal den großen Auftritt zu wagen: An diesem Samstag, 23. Februar, treten 160 Sängerinnen und Sänger um 20 Uhr im Theaterhaus (Eintritt: 17 Euro, ermäßigt 11 Euro) auf. Das Motto des Abends: „Neues Land in Sicht“.

Singen gegen Rechtsruck und Klimawandel

Bereits 2016 haben die fünf Chöre gemeinsam solch ein Projekt gestemmt. „Seither hat sich einiges verändert“, so Achim Pilz vom Stuttgarter Chor: „Europa treibt weiter nach rechts. Menschenrechte gelten nur noch für Privilegierte und der Klimawandel lässt die Ernten vertrocknen und bedroht Menschen, ganze Städte und Inseln durch Stürme und Wassermassen. Das Land, das wir nunmehr suchen, muss ein radikal anderes, ein neues Land sein.“

Ins Weltall mit David Bowie

Drei Themenblöcke bestimmen den Abend: Aufbrechen, Suchen, Ankommen. Dazu gehören Lieder von Brecht und Eisler wie „Und ich werde nicht mehr sehen“, „Zäune bau’n“ von Uta Köbernick aus dem Jahre 2015, „Ich habe einen Traum“ von Konstantin Wecker, Popmusikalisches wie „Under Pressure“ von Queen oder Klassiker wie John Lennons „Imagine“. Fremdsprachiges kommt auch von Zülfü Livanelli („Ey Özgürlük“), Paul Eluard („Canción por la libertad“) oder Pippo Pollina („Elegia ai Caduti“). Die Moderatoren Ute von Stockert und Winfried Zimmermann sprechen dazu Themen an wie das bedingungslose Grundeinkommen, Repair-Cafés oder Bürgerbeteiligungshaushalte. Der Chorabend in Zusammenarbeit mit der Initiative Die Anstifter wird ergänzt von etlichen Initiativen, die sich ebenfalls politisch engagieren. Und auf der Bühne selbst sind noch einige Musiker, die das Ganze musikalisch vielfarbig begleiten.

Die besondere Kombination

„Wir sind eine sehr diskussionsfreudige Gruppe von Menschen, die auch gerne singen“, so Pilz. Ob sie nun bei Rüstungsmessen singend protestieren oder an Orten wie dem Clara-Zetkin-Haus oder dem Lilo-Herrmann-Zentrum auftreten, hier finden sie auch immer wieder neue Interessenten, denen diese Kombination gefällt. So kommen sie auch zu Auftritten beispielsweise zur Eröffnung des Hotel Silber in der Stuttgarter Innenstadt. Und dann werden sie noch eingeladen zu Anlässen, in denen der Gesang im Vordergrund steht, etwa zum Deutschen Chorfest in Stuttgart 2016.