Noch erhält der angeklagte Inspekteur der Polizei seine vollen Bezüge. Sein Disziplinarverfahren ruht. Doch seine Zukunft zumindest im Innenministerium scheint bereits ausgemacht.

Entscheider/Institutionen: Annika Grah (ang)

Der Strafprozess ist noch nicht beendet, das Disziplinarverfahren deswegen ausgesetzt. Dennoch hat sich Innenminister Thomas Strobl (CDU) klar zur Zukunft des angeklagten Inspekteurs der Polizei geäußert. „Unbeschadet dessen – ich denke, da spreche ich für sehr viele in der Polizei Baden-Württemberg – kann ich mir persönlich nur schwer vorstellen, dass es eine Rückkehr ins Amt des höchsten uniformierten Polizisten im Land geben kann“, sagte er am Donnerstag bei einer Landtagsdebatte.

 

Unmut unter den Polizeipräsidenten

Die Debatte zur Fehlerkultur im Innenministerium und in der Polizeiführung hatte die SPD beantragt, wenige Tage nachdem unsere Zeitung über den Unmut in der Polizeiführung berichtet hatte. Die Verantwortlichen in den Präsidien im Land forderten in einer internen Runde eine klare Positionierung der politischen Spitze des Innenministeriums. Sie hielten den Inspekteur für nicht tragbar in der Polizei – schon gar nicht in bisheriger Verwendung als oberster Polizeivollzugsbeamter, unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens. Vor dem Landgericht Stuttgart muss sich Andreas Renner wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung verantworten. Das Disziplinarverfahren soll nach dem Prozess wieder aufgenommen werden. Das Innenministerium hat vor Kurzem eine lang angekündigte Dienstvereinbarung gegen sexuelle Belästigung beschlossen.

Dem SPD-Innenexperten Sascha Binder reichte die Distanzierung Strobls nicht: Er warf dem Innenminister vor, er könne sich immer noch nicht voll und ganz von dem Inspekteur trennen. Im Untersuchungsausschuss des Landtags hatten mehrere Zeugenaussagen darauf hingewiesen, dass Thomas Strobl Andreas Renner auf der Position des Inspekteurs haben wollte. Die FDP-Politikern Julia Goll forderte vom Innenminister: „Sie müssen sich entschuldigen, bei den Polizistinnen und Polizisten.“ Denn: Strobl habe mit der Besetzung die Ursache gesetzt.

Abgeordnete vermissten Fehlerkultur

Binder sprach von einer Wagenburgmentalität: „Fehlerkultur gilt für alle in der Polizei nur nicht für die Führung und den Innenminister.“ Die Grünen-Abgeordnete Petra Häffner indessen sieht die öffentlich gewordene Runde mit den Polizeipräsidenten als bestes Beispiel: „Im Ringen nach Wahrheit kann es nicht sein, dass Dinge nach außen dringen und über Dritte Druck gemacht.“

Die Landespolizeipräsidentin Hinz, die inzwischen einer Anzeige wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt gegenübersteht, weil sie nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Renner dessen privates Handy nicht beschlagnahmt hatte, erwähnte Thomas Strobl vor dem Parlament indessen mit keinem Wort. Sie hatte in einem Video jüngst den Zusammenhalt in der Polizei beschworen. Die Botschaft: Das Verhalten, das im Raum stehe, sei inakzeptabel, nun müsse man gemeinsam die Krise durchstehen.

Abgeordnete würdigen Mut der Hauptkommissarin

Mehrere Abgeordnete würdigten indessen den Mut der Hauptkommissarin, die mit ihrer Meldung nicht nur den Strafprozess, sondern auch den Untersuchungsausschuss ins Rollen gebracht hat. „Sie hat verstanden, was Fehlerkultur bedeutet“, sagte Binder. Das verdiene Respekt. Die Grüne Abgeordnete Häffner dankte der Polizistin: „Stellen wir uns vor, die junge Polizistin hätte den Vorfall nicht zur Anzeige gebracht. (...) Wir könnten uns in dem Glauben wähnen, alles wäre in bester Ordnung.“