Mit Full-HD auf Streife: Die Polizei setzt jetzt Kameras ein, um Gewalt gegen Beamte einzudämmen. Wie die Speicherung der Videos geregelt ist und wie Manipulationen verhindert werden sollen, lesen Sie hier.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang - Polizeioberkommissar Dominik Englmann schiebt einen Schalter zur Seite – die Bodycam auf seiner Brust ist scharf. Das sogenannte Pre-Recording nimmt jetzt in Full-HD-Auflösung einen Puffer von einer Minute auf. Bricht Englmann die Aufnahme ab, wird das Video gelöscht. Drückt er den großen Aufnahmeknopf vorne am Gerät, speichert die Kamera fortan alles, plus der besagten Minute zuvor.

 

Auch die Polizei im Rems-Murr-Kreis ist jetzt mit Bodycams ausgerüstet. „Würde ich zu einer Bahnhofsschlägerei gerufen, würde ich sie aktivieren“, sagt Englmann. Von den Kameras erhofft sich die Polizei eine abschreckende Wirkung, nachdem die Gewalt gegen Beamte jüngst zugenommen hat. Die Aufnahmen können auch vor Gericht als Beweis verwendet werden. Die Geräte sollen mit ihrem Weitwinkelobjektiv und ihren zwei Mikrofonen Situationen möglichst so aufzeichnen, wie sie der Polizist sieht. Eine Nachtsichtfunktion gibt es daher nicht.

Eine Bodycam plus Zubehör kostet mehr als 1300 Euro

Das Land Baden-Württemberg hat sich die Bodycams einiges kosten lassen: Für 1350 Kameras ließ es 1,8 Millionen Euro springen – macht gut 1300 Euro pro Gerät, nebst Software, Dockingstation und Zubehör. Viel Geld für eine Kamera. „Dafür haben wir jetzt das Beste, was es am Markt gibt“, ist Englmanns Chef, der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele, überzeugt. Die Bodycams sind gegen Spritzwasser, Schläge und Stürze aus 1,80 Meter Höhe geschützt. Sie bieten Speicher für zwölf Stunden Material und kommen mit nur drei robusten Knöpfen zur Bedienung aus.

Der Einsatz der Bodycams hat Grenzen: In Privaträumen oder beispielsweise in Gaststätten müssen sie ausgeschaltet bleiben. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist durch das Grundgesetz geschützt. „Der Artikel 13 ist ein hohes Gut“, sagt der Polizeipräsident Eisele. Er wünscht sich aber weitergehende Befugnisse für die Polizei: „Es wäre gut, wenn wir die Kameras zum Beispiel auch bei häuslichen Streitigkeiten einsetzen könnten.“

Die Videos können nur auf der Dienststelle eingesehen werden

In Zeiten der Datenschutz-Grundverordnung in der Öffentlichkeit zu filmen – das ist auch für die Polizei nicht ohne Weiteres möglich. „Falls möglich“, so Eisele, würden die Beamten vorher ankündigen, dass sie jetzt die Kamera mitlaufen lassen. Auch ein Licht- und ein Tonsignal an den Geräten zeigt an, ob die Aufnahme läuft. Ob dies ausreicht, um zum Beispiel einen Betrunkenen davon abzuhalten, handgreiflich zu werden, wird sich zeigen.

Auch Unbeteiligte müssen laut dem Polizeipräsidenten in Kauf nehmen, von den Bodycams gefilmt zu werden. Doch auch sie könnten, so Eisele, Akteneinsicht fordern, wenn sie erwiesenermaßen auf dem Filmmaterial zu sehen sind. Und laut Gesetz muss das von der Polizei gesammelte Material auch wieder gelöscht werden – bei Nichtrelevanz nach 28 Tagen; falls es als Beweismittel in einem Strafverfahren gebraucht wird, ist die Frist freilich länger. Damit das unter Umständen sensible Material nicht von Unbefugten – zum Beispiel Hackern – angesehen werden kann, verspricht Eisele: „Die Videos werden nur auf polizeieigenen Rechnern gespeichert, sie kommen in keine Cloud.“ Nur auf der jeweiligen Dienststelle könnten die Dateien eingesehen werden.

Änderungen an den Videos macht die Software sichtbar

Der Kamerahersteller liefert zu den Geräten auch eine Software mit, mit der – zum Beispiel im Falle einer Gerichtsverhandlung – eindeutig sichtbar ist, ob es sich bei einer Datei um eine geschnittene Fassung oder um das unbearbeitete Rohmaterial aus der Bodycam handelt. Bearbeitungen oder Löschungen sind nicht an den Kameras selbst, sondern nur am Rechner des Dienststellenleiters möglich und werden automatisch protokolliert.

Damit wird es auch den Polizisten erschwert, eventuell aufgezeichnetes eigenes Fehlverhalten zu vertuschen. Denn sobald die Kamera an der Dockingstation aufgeladen wird, überträgt sie die gespeicherten Dateien automatisch auf den Rechner. „Wenn jemand etwas vertuschen wollte, müsste er schon die Kamera verschwinden lassen“, erklärt Eisele.