In Stuttgart, Mannheim und Freiburg sollen Polizeibeamte den Einsatz von Schulterkameras, den sogenannten Bodycams, testen. Innenminister Gall erhofft sich dadurch eine Abnahme der Gewalt gegen die Beamten.

Stuttgart - Überwachung auf Knopfdruck: Mit sogenannten Körperkameras sollen Polizisten potenzielle Straftäter aufnehmen und damit sich selbst und Dritte durch Abschreckung vor Angriffen schützen. Die Minister der grün-roten Landesregierung wollen dazu das Polizeigesetz ändern, wie sie am Dienstag entschieden haben. Doch die Zeit ist zu knapp, der Landtag wird die Sache vor der Wahl am 13. März nicht mehr entscheiden können. Die Opposition spricht von Wahlkampfmanövern. Bedenken gegen das Projekt gibt es aus datenschutzrechtlichen Gründen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hatte sogenannte Bodycams zum Schutz der Beamten gefordert.

 

Die Polizei in Stuttgart, Mannheim und Freiburg soll den Einsatz von Körperkameras testen. „Wir sind uns ganz sicher, dass wir durch die Bodycam gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte reduzieren können“, sagte Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Dienstag in Stuttgart. Neben der Abschreckung erhofft sich Gall, mit den Videos Beweismaterial zu gewinnen. Polizisten tragen die Kameras sichtbar auf der Schulter und dürfen sie einschalten, wenn ihnen jemand so aggressiv gegenübertritt, dass sie eine Straftat erwarten können.

Bodycams Teil des Fünf-Punkte-Plans

„Das Sicherheitsgefühl der Menschen ist seit der Silvesternacht beeinträchtigt“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Bezug auf Übergriffe auf Frauen in Köln und einige auch in Stuttgart. Er sei froh, dass Gall schnell reagiert habe. Die Einführung der Bodycam ist Teil eines Fünf-Punkte-Plans, mit dem der Innenminister das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken will. Der Einsatz der Bodycams richtet sich allerdings in erster Linie auf die Sicherheit der Polizisten.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz, Jörg Klingbeil, hat zwar grundsätzliche Bedenken gegen mehr Videoüberwachung. Er hält sie aber für zulässig, wenn eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage geschaffen wird - ähnlich wie in Hessen, wo schon Tests laufen und den Baden-Württembergern als Vorbild gelten. Für Klingbeil kommt es auf die Details der Umsetzung an. Er fordert, dass der Polizist, der die Kamera getragen hat, Videos weder auswerten noch löschen darf. „So dass gegebenenfalls auch Vorwürfe gegen die Polizei durch das Videomaterial bewiesen werden können“, sagte Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur.

Grüne sehen Datenschutz gewahrt

Die Opposition hält der Landesregierung vor, zu zögerlich gewesen zu sein. Die FDP spricht von Aktionismus, weil keine Entscheidung mehr vor der Wahl zu erwarten ist. „Zu lange konnten sich SPD und Grüne nicht auf ein Konzept zur inneren Sicherheit verständigen“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Goll. Sein Kollege in der Opposition, CDU-Innenpolitiker Thomas Blenke, analysierte: „Die Zustimmung der Grünen hierzu hat Minister Gall nur erhalten, da klar ist, dass das Gesetz nur zustande kommt, wenn das Vorhaben in einem künftigen Koalitionsvertrag fortgeführt wird. Mit dieser Taktik haben sich die Grünen aus der Verantwortung gestohlen.“

Die Einführung der Bodycams wurde schon im Herbst 2014 von Gall geprüft, bislang aber wohl auch wegen Vorbehalten der Grünen nicht umgesetzt. Die Grünen-Fraktion hatte nun im Vorfeld darauf gedrängt, datenschutzrechtliche Fragen zu klären, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung. „Wir gehen jetzt davon aus, dass mit den vorgesehenen gesetzlichen Regeln das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch bei diesem neuen Instrument gewahrt wird“, sagte der innenpolitische Sprecher Uli Sckerl.

Der SPD-Abgeordnete Nik Sakellariou begrüßte die geplante Änderung des Polizeigesetzes laut einer Mitteilung. Die Politik sei es der Polizei schuldig, sie bestmöglich zu schützen und ihnen wirksame Instrumente an die Hand zu geben.