Mehr Abgänge als Zugänge, große Lücken im Streifendienst, Überstunden für zwei Wochen Urlaub: Die Polizei hat ihre Belastungsgrenze erreicht – und das ist eine Gefahr für die Sicherheit, meint Kommentator Wolf-Dieter Obst.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Was soll denn die Jammerei über Überstunden bei der Polizei? Müssen nicht auch andere Arbeitnehmer ständig Mehrarbeit leisten und Arbeitsverdichtung erleiden, ohne klagend auf die Stechuhr zu blicken? Einerseits schon. Aber andererseits bedeutet eine ständig überlastete Polizei auch etwas anderes: die Gefahr, die Kräfte so bündeln zu müssen, dass nur noch ein Minimalstandard von Sicherheit und Prävention geleistet werden kann.

 

Es ist ja nicht so, dass aus Jux und Dollerei oder Fehlplanung so viele Überstunden anfallen, mit denen jeder Stuttgarter Polizist statistisch zusätzlich zwei Wochen Urlaub machen könnte. Es ist die Folge einer Sparpolitik, die schon vor Jahrzehnten begann und kurzsichtig aus den Augen verlor, dass eine große Menge von Polizisten in heutiger Zeit in Ruhestand gehen würde. Da hatte auch die CDU einen großen Anteil, die nun in der grün-schwarzen Landesregierung auf große Kraftanstrengungen für mehr Stellen verweist.

Reviere nachts zu?

Da klingt es wie Hohn, dass das Innenministerium der Polizei bis auf Revierebene und Kommastelle genau Fangquoten für Verkehrssünder aufbürdet – und behauptet, dass trotzdem noch andere „notwendige polizeiliche Schwerpunktsetzungen bedient werden können“. Modernes Management der Privatwirtschaft endet bei der Polizei da, wo nur noch Pflicht statt Kür möglich ist. Eine Streife gerät immer mehr zur Kür – was beim Kampf gegen Wohnungseinbrecher oder reisende Diebe fatal wäre. Vielleicht sollte man aber auch mal im vergleichsweise üppigen Stabsapparat nach Verstärkung suchen. Das wäre sicher besser als die Idee des Innenministers, nachts einzelne Reviere zu schließen.