Die Polizei in Stuttgart verordnet sich selbst einen Sparkurs: Wegen des Haushaltsdefizits und steigender Spritkosten sollen Polizeiautos in Stuttgart rund 15 Prozent weniger unterwegs sein.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Stuttgarter Polizei muss sparen. Das ist nicht neu, denn die angespannte Haushaltslage war schon im vergangenen Herbst bekannt geworden. Neu ist hingegen, dass sich die Polizei selbst einen Sparkurs verordnet hat, der eine Einschränkung beim Streifendienst bedeuten kann. Polizeibeamte der Innenstadtreviere berichten, dass sie pro Tag nur 14 Kilometer mit dem Streifenwagen fahren sollen. Außerdem sei gewünscht, dass ein Teil des Streifendienstes zu Fuß erledigt werde und dass die Beamten zwischen zwei Einsätzen nicht ins Revier zurückfahren, um diese Fahrtkosten zu verringern.

 

„Diese Zahlen gibt es“, sagt dazu Stefan Keilbach, der Sprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart. Es gebe aber keine Anweisung oder Vorschrift, die Kilometerbeschränkung genau einzuhalten. „Wir haben lediglich ein Sparziel formuliert“, so Keilbach. Wie die Reviere die vom Leitungskreis ans Herz gelegte Reduzierung der Kilometerleistung um 15 Prozent umsetzen, sei Sache der Dienststellen. „Da kommt vielleicht bei einem Revier die Zahl von 14 Kilometern raus, wenn man das umrechnet.“

Kontrollen kosten Geld

Hintergrund der Sparmaßnahmen ist das Defizit, das die Polizei in diesem Jahr landesweit plagt. Im November war bekannt geworden, dass eine Finanzierungslücke von 7,1 Millionen Euro im Jahr 2012 klaffen würde. Die neue Landesregierung schoss 5,7 Millionen Euro nach. 1,4 Millionen Euro fehlen weiterhin. Das Polizeipräsidium Stuttgart soll vor der Nachbesserung im November ein Defizit von 2,5 Millionen Euro gehabt haben, danach liegt es nach Informationen der Stuttgarter Zeitung bei etwa 800 000 Euro. Neben der Empfehlung für den Streifendienst gibt es noch weitere Sparvorschläge für die Stuttgarter Reviere: Alkohol- und Drogenkontrollen sollen nicht mehr anlassunbezogen gemacht werden. Denn sie kosten Geld: für den Materialverbrauch beim Atemtest und für die Untersuchung durch einen Arzt, falls eine Blutprobe angeordnet werde.

Das Problem sei nicht neu, sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Rüdiger Seidenspinner. „Das gibt es immer wieder. Vor vier Jahren konnten wir die Spritpreise noch ausgleichen, weil Beamte bei der Fußball-EM in der Schweiz eingesetzt waren.“ Rund eine Million Euro sei so erwirtschaftet worden. Aber solche Möglichkeiten gebe es nur selten. „Stehenbleiben, bis der nächste Einsatz kommt, das hat doch mit Prävention nichts mehr zu tun“, sagt er über einzelne Vorschläge. „Viele Dienststellen wissen nicht, wie sie übers Jahr kommen sollen“, sagt Joachim Lautensack, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Da wird ins Blaue gewirtschaftet.“

Gewerkschafter beklagt Substanzverlust

Die Sicherheit sei nicht eingeschränkt, meint Stefan Keilbach. Die Streifen müssten sich nicht an das Limit halten. Und: „Die Polizei kommt immer, wenn man sie ruft.“ Für manche ist das ein schwacher Trost: „Man kann Polizeiarbeit nicht wirtschaftlich messen“, sagt Walter Burkart, Stuttgarter Kreisgruppenvorsitzende der GdP. „Ein Streifenwagen, der durch eine Straße fährt, verhindert unter Umständen eine Straftat, vor einer Kneipe eine Trunkenheitsfahrt – wie will man denn das bemessen?“

Schlimmer noch findet Burkart Sparmaßnahmen, die schon längere Zeit gelten: „Bei Fortbildungen gibt es keine Fahrtkosten mehr, die zahlen Beamte aus der eigenen Tasche.“ Es könne sein, dass der Bürger vorerst keine Einschränkungen in Kauf nehmen müsse. „Im Innenleben der Polizei geht es aber bereits an die Substanz“, sagt der Gewerkschafter.