Immer wieder versuchen Betrüger, ältere Menschen um ihr Geld zu bringen. Die Polizei hat in Ludwigsburg darüber aufgeklärt. Ihr Rat: Bei dubiosen Anrufen sofort auflegen.

Ludwigsburg - Die Polizei Baden-Württemberg hat die Bäckertüte als nützliches Medium ihrer Präventionsarbeit längst für sich entdeckt. „Achtung! Falsche Polizisten“ warnt die Aufschrift auf dem Papier und rät: „Verdächtiger Anruf? Legen Sie auf!“

 

Die echte Polizei ruft nie von der 110 aus an

Im März war die Sonderausgabe der Backwarenverpackung bereits im Umlauf. Damals lag sie vorwiegend in den Bäckereien aus, um so beiläufig während des Einkaufs Kunden auf die Gefahr durch Trickbetrüger aufmerksam zu machen. Sie kommen in vielen Formen daher: Falsche Enkel, falsche Polizisten, falsche Handwerker und dubiose Gewinnversprechen. Zentrale Botschaft der Tüten-Aufklärung ist damals wie heute die gleiche: Die 110 ist niemals die Telefonnummer, unter der die Polizei irgendwelche Bürger anruft. Erscheint die Notrufnummer im Display eines privaten Telefons, sind höchstwahrscheinlich Betrüger am anderen Ende der Leitung. Also auflegen.

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Wegen der coronabedingten Hygienevorschriften kam bei der ersten Aufklärungsaktion des Polizeipräsidiums Ludwigsburg vor einem halben Jahr keine Brezel in die Tüte. Das ist am Samstagvormittag anders gewesen. Neben der Evangelischen Kirche ist ein Informationsstand der Polizei aufgebaut mit einem Berg Brezeln, gestiftet von der Bäckerei Rechkemmer. Jede ist einzeln in einer Aufklärungstüte verpackt. Passanten strömen zum Wochenmarkt oder kehren von dort zurück. Nicht wenige bleiben stehen.

Brezeln als Aufhänger fürs Gespräch

Karin Stark ist vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums. Mit zwei Kolleginnen steht sie am Stand. Die Frauen in Polizeiuniform müssen das Gespräch nicht suchen, sondern werden fortlaufend angesprochen. „Die Brezeln hätten wir wahrscheinlich gar nicht gebraucht, um auf uns aufmerksam zu machen“, sagt Stark. „Aber sie sind ein netter Aufhänger, um ins Gespräch zu kommen.“

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Die Brezel kommt bei Passanten als Lockmittel für ein polizeiliches Gespräch zum Einsatz, die im Vorbeigehen Bemerkungen fallen lassen wie, „so doof kann man doch gar nicht sein, um einem falschen Polizisten sein Geld zu geben“. Polizeibeamtin Stark entgegnet: „Es sind vor allem ältere Menschen, die Opfer von Trickbetrügereien werden. Doch die sind nicht doof. Im Gegenteil sind sie oftmals kluge Menschen. Sie wurden auf dem falschen Fuß erwischt“, sagt sie und stellt klar: „Es kann jeden erwischen.“

Hildegund Gramespacher ist vom Kreisseniorenrat und auch mit am Infostand. Sie bestätigt, dass ältere Leute unter einem telefonischen Dauerbeschuss durch Trickbetrüger stünden. „Mein Mann und ich werden fast jede Woche angerufen. Zum Beispiel droht der Anrufer einer Bank, dass unser Konto gesperrt wird.“ Vielleicht, so überlegt sie, suchten sich die Betrüger im Telefonbuch Anschlüsse heraus, bei denen die Vornamen altmodisch klingen. Die Beamtinnen raten dazu, nur noch den Anfangsbuchstaben des Vornamens eintragen zu lassen.

Raffinierte Methoden

Beamtin Stephanie Hecksell erklärt: „Es gibt Verzahnungen bekannter betrügerischer Methoden.“ Beispiel: Zuerst ruft jemand an, der gleich wieder auflegt. Dann meldet sich kurz darauf ein vermeintlicher Kriminalbeamter, der fragt, ob vor drei Minuten jemand angerufen habe. Das, so seine eindringliche Warnung, sei ein Betrüger gewesen. Nun versucht der falsche Beamte das Vertrauen aufzubauen. Von so viel Raffinesse könne ein älterer Mensch schnell überfordert sein.

Es dauert an diesem Vormittag nicht lange, da kommt eine ältere Dame an den Stand. Ziemlich verlegen gesteht sie: „Mir ist das auch schon passiert.“ Und ein Mann mit Fahrrad kommt zögernd näher und erklärt: „Meine Mutter ist auch schon Opfer geworden.“ Da bleibt der Rat der Präventionsbeamtinnen, immer misstrauisch zu bleiben: Telefon auflegen, auch wenn tatsächlich ein Polizist dran sein sollte. Und dann selbst die 110 wählen.