Bomben, Chaos, Anschläge - und das alles am beschaulichen Bodensee: Polizei und Bundeswehr wollen dieses düstere Szenario durchspielen. Eine Übung in der Art und Größe gab es noch nie.

Stuttgart - Polizei und Bundeswehr wollen im Südwesten den gemeinsamen Kampf gegen den Terror in noch nie da gewesener Form proben. Bei der Übung BWTEX (Baden-Württembergische Terrorismusabwehr Exercise) handelt es sich nach Angaben des Innenministeriums in Stuttgart um „die größte Übung dieser Art, die je in Deutschland durchgeführt wurde“. In der kommenden Woche sollen daran 2500 Teilnehmer mitwirken und auch gepanzerte Fahrzeuge und Hubschrauber zum Einsatz kommen. Erstmals werde auch ein voller Übungslauf vom ersten Alarm bis zur medizinischen Versorgung von Terroropfern auf dem Operationstisch simuliert.

 

An diesem Freitag (10 Uhr) soll in Stuttgart über den Ablauf der Übung informiert werden. Mit Details zum Szenario hält sich das Innenministerium noch zurück, da die Einsatzkräfte vorher nicht zu viel wissen sollen. Aber es werde um einen Anschlag mehrerer Täter in einer belebten Fußgängerzone in Konstanz gehen, verriet ein Sprecher auf Nachfrage. Man simuliere Situationen, die leider schon geschehen seien. „Wir nehmen reale Anschläge ein Stück weit als Vorbild.“

Zwei Teile

Um die Simulation optimal durchzuführen, werde man nicht in der Konstanzer Innenstadt, sondern vor allem auf dem Truppenübungsplatz in Stetten am kalten Markt (Kreis Sigmaringen) üben. „Sonst würden wir ja die Stadt lahmlegen“, sagte der Sprecher.

Die BWTEX-Übung besteht zum einen aus einer Stabsrahmenübung am 18. Oktober an den Standorten Berlin, Stuttgart, Konstanz, Karlsruhe, Göppingen und Stetten am kalten Markt, die eher theoretischer Natur ist und hinter verschlossenen Türen stattfindet. Einen Tag später findet die Vollübung auf dem Truppenübungsplatz statt, bei der es auch um die Rettung von „Verletzten“ und deren Weitertransport in Fachkliniken gehen soll.

Kooperation mit der Schweiz

Im Klinikum Friedrichshafen, dem Klinikum Konstanz und im Krankenhaus Sigmaringen werden 450 Mitarbeiter die Versorgung der „Terroropfer“ üben. Auch Schweizer Polizisten kommen zum Einsatz. Allein 300 Statisten sollen teilnehmen, sie werden von Polizei und Bundeswehr gestellt.

Eine gemeinsame Übung von Soldaten und Polizisten in sechs Bundesländern hatte 2017 gezeigt, dass Kommunikationsabläufe im Terrorfall verbessert werden müssen. Neu war dabei, dass die Bundeswehr mit Zwangs- und Eingriffsbefugnissen ausgestattet wird. Das heißt: Wenn es ernst wird, dürfen die Soldaten die Terroristen mit allen militärischen Mitteln bekämpfen.

Strikte Trennung

Bei der damaligen Übung namens GETEX hatten Polizei und Bundeswehr die Zusammenarbeit allerdings nur am grünen Tisch geprobt. Dabei wurden Kommunikation, Koordination und Alarmketten getestet. Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich danach für regelmäßige Übungen von Polizei und Bundeswehr ausgesprochen.

Auch in Stetten darf die Bundeswehr hoheitlichen Zwang anwenden. Die BWTEX-Übung könnte den Streit um den Einsatz der Truppe im Inland erneut befeuern. Das Grundgesetz erlaubt diesen nur in Ausnahmefällen. Die Aufgaben von Militär und Polizei sind hierzulande besonders strikt getrennt. Die Streitkräfte verteidigen das Land grundsätzlich nach außen, die Polizei wehrt Gefahren im Inland ab.