Die Bemühungen, junge Migranten zum Dienst bei der baden-württembergischen Polizei zu bewegen, haben offenbar Erfolg. Nur ein Bundesland ist noch besser.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Fast jeder dritte neu angestellte Polizist in Baden-Württemberg verfügt mittlerweile über einen Migrationshintergrund. Nach Angaben des baden-württembergischen Innenministeriums hätten 2021 demnach 32,8 Prozent der Polizeianwärter im Land angegeben, ausländische Wurzeln zu haben. 2020 waren es noch 26,9 Prozent gewesen.

 

Nach einer Recherche des Mediendienstes Migration liegt Baden-Württemberg, das seit 2014 speziell um Polizisten mit Migrationshintergrund wirbt, damit bundesweit in der Spitzengruppe. Allerdings konnten insgesamt nur acht Bundesländer Zahlen liefern. Demnach sei es in Berlin gelungen, die meisten Bewerber mit nicht-deutschen Wurzeln zu gewinnen. Dort seien es sogar 37 Prozent gewesen. Dieser neue Höchstwert liege sogar über dem dortigen Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund von 35 Prozent.

Bevölkerungsanteil noch nicht erreicht

In Baden-Württemberg liegt man hingegen noch leicht darunter. Hier liegt der Bevölkerungsanteil der Menschen mit Migrationshintergrund bei 35,6 Prozent. Wie hoch der Anteil der Menschen, deren Ursprungsland nicht Deutschland ist, insgesamt in der Landespolizei mittlerweile ist, konnte das Ministerium nicht sagen. Dies werde nicht erfasst, sagte ein Sprecher. Bei der Bundespolizei erreichte der Anteil zuletzt 3,4 Prozent. Er hat sich damit seit 2009 verdreifacht.

Laut dem Mediendienst seien Führungskräfte mit Einwanderungsgeschichte immer noch selten: Daten der Bundespolizei und der Polizei Niedersachsen zeigten, dass nur wenige Menschen mit Migrationshintergrund in Führungspositionen gelangten (2,4 Prozent bzw. 4 Prozent).

Migranten bringen Vorteile

„Polizistinnen und Polizisten, die eine zweite Sprache sprechen, sind sehr gefragt“, sagte die Soziologin Alexandra Graevskaia. Sie forscht zur Vielfalt in Polizeistationen: „In bestimmten Situationen ist die Polizei zwingend darauf angewiesen, dass Polizisten mit Migrationshintergrund übersetzen.“ Im Alltag würde es zu lange dauern, Dolmetscher einzubestellen.

Die baden-württembergische Landespolizei spricht deshalb in ihrer Werbekampagne zur Nachwuchsgewinnung gezielt Migranten oder Menschen mit Migrationshintergrund an. Unter bestimmten Bedingungen können auch Bewerber ohne deutschen Pass verbeamtet werden.

Kein Rezept gegen Rassismus

Dass mehr Vielfalt in der Polizei auch zu weniger Rassismus in der Polizeiarbeit führt, stellt für Astrid Jacobsen, Professorin an der Polizeiakademie in Niedersachsen, aber kein Automatismus dar. „Die Organisationskultur in der Polizei ist sehr homogen. Das bedeutet: Sie sorgt eher für angepasstes Verhalten als für Vielfalt“, erklärte die Polizeiforscherin gegenüber dem Mediendienst Migration.

Deshalb führe ein höherer Anteil an People of Color in der Polizei nicht unbedingt dazu, dass weniger Racial Profiling stattfinde. Aus der Forschung wisse man nämlich: „Menschen mit Migrationshintergrund müssen ihre Loyalität zur Polizei stärker unter Beweis stellen als ihre Kolleginnen und Kollegen ohne Migrationshintergrund – und sich stärker anpassen.“