Das Justizministerium zieht eine Zwischenbilanz zum Polizeieinsatz beim sogenannten Schwarzen Donnerstag: 500 Verfahren hat die Staatsanwaltschaft demnach gegen Polizeibeamte und Demonstranten eingeleitet, 120 davon sind noch offen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten hat die Staatsanwaltschaft mehr als 500 Verfahren gegen Polizeibeamte und Demonstranten eingeleitet. Knapp 120 davon laufen noch, nämlich 95 gegen Polizisten und 24 gegen Stuttgart-21-Gegner. Gut 360 sind abgeschlossen oder eingestellt, davon 265 gegen Beamte und 98 gegen Projektgegner, 26 waren oder sind bei Gericht anhängig. Das geht aus einer Übersicht des Justizministeriums hervor, die dem Ständigen Ausschuss des Landtags zugeleitet wurde und der Stuttgarter Zeitung vorliegt.

 

Zum Jahrestag des „schwarzen Donnerstags“ war die Stuttgarter Staatsanwaltschaft von Medienvertretern mehrfach nach einer solchen Zwischenbilanz gefragt worden, musste aber passen: bis zum 30. September könne man das nicht leisten, hieß es. Wenige Wochen danach hat die Ermittlungsbehörde nun gegenüber dem Justizministerium Bericht erstattet, das wiederum den Landtag informiert hat.

Von den mehr als 500 Verfahren richten oder richteten sich 363 gegen Polizeibeamte; dabei ging es fast ausschließlich um den Vorwurf der Körperverletzung im Amt. Gegner des Bahnprojekts sind oder waren in 145 Fällen betroffen. Die Palette der Vorwürfe gegen sie ist breit: es geht um Körperverletzung an Polizeibeamten, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Missbrauch von Notrufen, Sachbeschädigung, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Bedrohung, Beleidigung oder Diebstahl. In 287 Verfahren waren oder sind die Verdächtigen bekannt, bei 228 ließ sich ihre Identität dagegen nicht feststellen.

Nächste Zwischenbilanz am 30. September 2013

Von den Verfahren gegen unbekannt sind noch 101 offen, nämlich 79 gegen Polizeibeamte und 22 gegen Projektgegner. Bei den bekannten Verdächtigen laufen noch in 18 Fällen Ermittlungen – 16-mal gegen Polizeibeamte, zweimal gegen Projektgegner. Bei den Verfahren gegen unbekannt erfolgte die Einstellung, weil kein Beschuldigter identifiziert werden konnte oder kein strafbares Verhalten feststellbar war. Bei den bekannten Verdächtigen wurde 188 Verfahren gegen Polizeibeamte und 48 gegen Projektgegner eingestellt. Der Grund jeweils: kein hinreichender Verdacht oder keine Hinweise auf strafbares Verhalten. Ohne Ergebnis beendet wurden auch einzelne Verfahren gegen Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG. Einer Anzeige gegen den früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU), deren Vorwurf in dem Bericht nicht genannt wird, wurde „nicht stattgegeben“.

Bei den insgesamt 26 Fällen, die bereits vor Gericht landeten, waren – Stand Ende Oktober – drei Polizeibeamte betroffen. In einem Fall ist ein Strafbefehl bereits rechtswirksam geworden, in einem anderen wurde ein Beamter zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Von den 23 Verfahren gegen Projektgegner, in denen Anklage erhoben oder ein Strafbefehl erlassen wurde, sind neun rechtskräftig abgeschlossen. Neue Zahlen soll es übrigens pünktlich zum nächsten Jahrestag des „schwarzen Donnerstags“ geben: Für den 30. September 2013 hat das Justizministerium gegenüber dem Landtag die nächste Zwischenbilanz angekündigt.