Exklusiv Gegen den früheren Stuttgarter Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler wird nicht wegen des „schwarzen Donnerstags“ ermittelt. Das haben Ermittler in Heidelberg entschieden. Sie waren von Justizminister Stickelberger eingeschaltet worden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Gegen den früheren Stuttgarter Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler (63) werden keine Ermittlungen wegen seiner Rolle beim Polizeieinsatz am „Schwarzen Donnerstag“ im Schlossgarten eingeleitet. Dies hat die vom Justizministerium beauftragte Staatsanwaltschaft Heidelberg entschieden, wie ein Sprecher der StZ bestätigte. Eine Prüfung durch die nordbadische Anklagebehörde habe „keinerlei Anhaltspunkte“ dafür ergeben, dass sich Häußler während des Einsatzes am 30. September 2010 strafbar gemacht haben könnte. Daher habe man von Ermittlungen abgesehen.

 

Der inzwischen pensionierte Leiter der für Politiker zuständigen Abteilung hatte sich am „Schwarzen Donnerstag“ über viele Stunden hinweg im Schlossgarten aufgehalten, zeitweise an der Seite des damaligen Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf. Durch Aussagen im Prozess um den Wasserwerfereinsatz vor dem Landgericht waren Ermittlungen gegen Stumpf in Gang gekommen, wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt. Der Verdacht: er habe es pflichtwidrig unterlassen, den vorschriftswidrigen Einsatz der Wasserwerfer zu unterbinden.

Justizminister gibt Fall nach Heidelberg

Dies hatte die Frage aufgeworfen, ob sich auch Häußler strafbar gemacht habe, weil er ebenfalls nicht eingriff. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat dies dem Sprecher zufolge klar verneint: Weder sei der Wasserwerfereinsatz eine strafprozessuale Maßnahme gewesen, noch sei der Oberstaatsanwalt weisungsbefugt gegenüber der Polizei gewesen. Mangels einer Zuständigkeit könne ihm daher keine Pflichtverletzung durch Unterlassen vorgeworfen werden.

Eine Sprecherin von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) bestätigte einen Bericht der „Kontext Wochenzeitung“, wonach das Ressort die Heidelberger Ermittler eingeschaltet habe. Damit sei man einer Anregung des für Württemberg zuständigen Stuttgarter Generalstaatsanwaltes Achim Brauneisen gefolgt, eine Staatsanwaltschaft im badischen Landesteil prüfen und entscheiden zu lassen. Dies entspreche dem gesetzlich vorgesehenen Weg. Die Zuweisung nach Heidelberg sei bereits am 17. Juli erfolgt, die Nichteinleitungsverfügung stamme vom 8. August.

Anzeige von einer Untergebenen abgelehnt

Fast vier Jahre nach dem „schwarzen Donnerstag“ wurde damit erstmals eine andere Staatsanwaltschaft als Stuttgart mit dem Polizeieinsatz befasst. Eine frühere Strafanzeige gegen Häußler war noch von dessen eigener Abteilung bearbeitet worden, von einer ihm unterstellten Dezernentin. Der Oberstaatsanwalt hätte angesichts des erkennbar unverhältnismäßigen Vorgehens der Polizei eingreifen müssen, hatte der Anwalt eines Schwerverletzten als Anzeigeerstatter argumentiert. Die Dezernentin wies dies zurück: Ihr Chef sei nicht in Entscheidungen der Polizei eingebunden gewesen, er habe sich nur vorsorglich vor Ort aufgehalten, falls strafprozessuale Entscheidungen oder Anordnungen zu unmittelbarem Zwang nötig würden.

Durch die Abgabe der Prüfung nach Heidelberg könnten sich die Grünen im Landtag bestätigt sehen. Sie hatten wiederholt gefordert, der Staatsanwaltschaft Stuttgart und insbesondere Häußler die Zuständigkeit für die Ermittlungen zum Polizeieinsatz zu entziehen; der Chefermittler sei befangen und nicht ausreichend objektiv. Der frühere Justizminister Ulrich Goll (FDP) hatte dies ebenso abgelehnt wie sein SPD-Nachfolger Stickelberger. Durch den Wasserwerfer-Prozess ist inzwischen offenkundig geworden, dass es bei den Ermittlungen Versäumnisse gegeben hat: Aussagen der Angeklagten und bisher übersehene Bilder deuten darauf hin, dass Stumpf und Häußler doch während der „heißen Phase“ im Schlossgarten waren.