Zwei Teenager kommen auf die Idee, in Stuttgart-Vaihingen „Klingelputzen“ zu gehen. Die Reaktion eines Anwohners auf den Streich bringt diesem eine Anzeige ein.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Ein harmloser Streich hat zwei Buben aus Stuttgart-Vaihingen am Montag in eine bedrohliche Lage gebracht. Sie hatten sich überlegt, in der Nachbarschaft „Klingelputzen“ zu gehen – also an Haustüren zu klingeln und dann abzuhauen. Keine sinnvoller, aber ein weitgehend harmloser Zeitvertreib. Doch ein Anwohner fühlte sich davon bedroht – und ausgerechnet an dessen Tür klingelten die Jungs zweimal, weil der Hund so schön gebellt habe, als sie zum ersten Mal dort waren. Der Hausherr lauerte ihnen auf und verfolgte sie mit einer Waffe, die er als Jäger besitzt. „Stehen bleiben oder ich schieße!“ habe er gerufen, erzählt der Vater des 14-jährigen Simon Gärtner (Name von der Redaktion geändert). Der SWR hat zuerst über den Fall berichtet.

 

Der Bub muss mit erhobenen Händen durch den Ort gehen

Die Jungs rannten weg und trennten sich. Simon knickte mit dem Fuß um und konnte nicht weiter. „Er versteckte sich hinter einem Auto.“ Der Jäger habe den Teenager dort gestellt und ihn mit erhobenen Händen durch den Ort zurück zum Haus begleitet. „Dann kamen ein paar ungünstige Zufälle zusammen“, sagt der Vater. Der Sohn habe sich bei der Adresse verhaspelt, der Jäger und seine Frau glaubten ihm nichts mehr. Ausweis hatte er keinen dabei. Er sollte seine Eltern anrufen, die Verbindung brach ab. Der Vater ortete daraufhin seinen Spross mit dem Handy und fuhr hin. Erst habe er sein Kind nicht gefunden und nach ihm gerufen. „Das Handy ortet ja nur auf zehn Meter genau.“ Doch dann sei nicht nur der Kumpel seines Sohnes mit seinem Vater aufgetaucht und habe ihm das Haus gezeigt. Der Jäger und seine Frau nebst Simon Gärtner tauchten auch auf – das Ehepaar hatte den 14-Jährigen mit auf die Terrasse genommen. „Als ich hörte, dass eine Waffe im Spiel war, bin ich natürlich laut geworden“, sagt er. „Wir sind hier doch nicht in den USA!“

Der Anwohner sieht das Recht auf seiner Seite

Der Anwohner habe sich voll im Recht gefühlt und mit einer Anzeige gedroht. Er rief die Polizei. Als die kam, wendete sich das Blatt: Nun hat der Waffenbesitzer eine Anzeige wegen Nötigung ins Haus stehen, sagt eine Polizeisprecherin. Die Lage habe sich nach der Ankunft der Polizei beruhigt, „die Beamten waren super besonnen und sachlich“, schildert der Vater. Der Jäger entschuldigte sich schließlich. Er habe sein Handeln mit Angst vor Einbrechern begründet – für solche hielt er die wegrennenden Buben.

Das Ordnungsamt prüft nun den Fall

Die Anzeige kann für den Jäger Konsequenzen haben. Das städtische Ordnungsamt prüft nun, ob aufgrund des Zwischenfalls Zweifel an der Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers bestehen. Wenn das der Fall ist, können Waffenbesitzer ihr Recht, Waffen zu haben, verlieren.