Fahrradfahrer sollten in der Marktstraße besser absteigen: Bei einer Schwerpunktkontrolle ertappt die Polizei mehr als 20 Radler in der Fußgängerzone. Wer erwischt wird, zahlt mindestens 15 Euro.

Bad Cannstatt - Von der Brunnenstraße aus kommend, sind sie nicht zu übersehen – die sieben Polizisten und ihre zwei im Schatten der Stadtkirche geparkten Streifenwagen. Anders ergeht es den Fußgängern und Radfahrern, die die Marktstraße von der Wilhelmsbrücke aus betreten oder befahren. Für Letztere heißt es an der Ecke zur Brunnenstraße ganz überraschend: „Halt, Polizei!“ Dann dürfen sie den Geldbeutel zücken und mindestens 15 Euro Bußgeld fürs Radeln in der Fußgängerzone bezahlen. 23 Radlern soll es an jenem heißen Vormittag so ergehen.

 

So oft wie möglich versuchen er und seine Kollegen des Reviers an der Martin-Luther-Straße solche Schwerpunktkontrollen zu machen, sagt Patric Frankenhauser. Er leitet den Bezirk, der sich vom Cannstatter Zentrum über das Wasengelände bis hin zur Mercedes-Benz-Arena erstreckt. Mehrmals pro Woche gehen die Ordnungshüter auch Fußstreife und erwischen einzelne Radfahrer auf der Marktstraße. Eine anderthalbstündige Schwerpunktaktion sei aber weitaus wirksamer, sagt der Polizist.

Zwei Platzverweise werden ausgesprochen

Alban Lämmle ist einer der ersten, der den Beamten an diesem Morgen ins Netz geht. Mit einem Bußgeld in Höhe von 15 Euro ist der Hofener alles andere als einverstanden. Immerhin wollte er an der Ecke Brunnenstraße gerade absteigen, weil er dort in ein Geschäft wollte, wie er sagt. Ob er nun das Fußgängerzonen-Schild noch im Sattel passiert hat oder nicht, lässt er dahingestellt. Er ist überzeugt: „Die können mich gar nicht gesehen haben.“ Sein Ärger ist so groß, dass er Dinge wie „das ist ja wie beim Ku-Klux-Klan“ ruft, den Polizisten Unverhältnismäßigkeit vorwirft und ein Benehmen wie bei der NSU oder im Irak. Fast die kompletten eineinhalb Stunden der Kontrolle will er den Beamten nicht von der Seite rücken und diskutiert über den Vorfall. Am Ende handelt er sich mit seinem Verhalten sogar eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung und sogar einen Platzverweis ein.

Einen solchen müssen die Polizisten noch ein zweites Mal aussprechen. Ein junger Mann hat sich am Eingang der Fußgängerzone positioniert und spricht alle Radfahrer an, die in die Markstraße fahren wollen. „Der warnt die“, vermutet Patric Frankenhauser und schickt zwei seiner Kollegen los. Der Mann gibt das natürlich nicht zu. Er behauptet, er sei auf der Suche nach einem neuen Rad und habe darum die Leute angesprochen. Den Platzverweis muss er trotzdem einhalten.

Bei diesen beiden schwierigen Situationen bleibt es an jenem Vormittag aber. „In der Regel ist die Einsicht da“, sagt Kommissar Frankenhauser. Lediglich über die Höhe des Bußgeldes werde oft diskutiert. Anfangs habe man es tatsächlich nur mit Verwarnungen probiert. Das habe aber nichts genutzt. Es müsse schmerzen und sich herumsprechen.

Viele Radfahrer sind einsichtig

Auch Siegfried Bohm ist einsichtig, findet 15 Euro Bußgeld aber völlig unangemessen. „Das ist viel Geld für einen Rentner.“ Vor allem weil er sehr langsam und rücksichtsvoll fahre, während „andere wie verrückt durchrasen.“ Für die gebe es tatsächlich noch höhere Bußgelder, erklärt Frankenhauser. Bis zu 30 Euro kann es kosten, wenn Personen gefährdet werden oder es zu einem Unfall komme.

Und das sei nicht ausgeschlossen. „Im vergangenen Frühjahr sind zwei Kinder auf der Marktstraße von Radfahrern angefahren worden“, berichtet der Polizist. Viele Bürger, Anwohner und vor allem ältere Menschen klagen über die Rowdys auf Rädern. Sie mischen sich an jenem Vormittag ebenfalls in die Szene ein. Allerdings vor allem mit lobenden Worten: „Ich finde es echt gut, dass kontrolliert wird“, sagt ein Mann. Eine ältere Dame erklärt: „Es ist manchmal unzumutbar hier.“ Sie wünscht den Polizisten einen schönen Tag und „noch guten Fang“.

Andere bewerten die Arbeit der Polizei als Zeitverschwendung. „Sie drangsalieren arme Bürger statt etwas Sinnvolles zu tun“, sagt ein Mann, der angehalten wurde. „Fangt lieber Mörder“ oder „Während ihr hier steht, brechen sie bei mir daheim ein.“

Ein paar Meter weiter kontrollieren weitere sieben Beamte des Reviers, ob Radfahrer die Fußgängerampel an der Wihelmsbrücke bei Rot passieren. Ist das der Fall, werden sie am Neckarbiergarten oder kurz vor der Rosensteinbrücke abgefangen. „Ich bin nicht über Rot gefahren“, hören die Beamten da schon mal. Was die Radfahrer nicht wissen: Es gibt einen Zeugen. Ein Kollege in zivil hat von seinem Posten an der Brücke ganz genau hingeschaut. Das Bußgeld: 45 Euro.