Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) stellt sich dennoch vor den Polizeichef: Dieser habe "seit vielen Jahren mit großem Erfolg daran mitgewirkt, dass Stuttgart eine der sichersten Städte Deutschlands ist. Diese Leistung gilt es anzuerkennen". Stumpf habe die Verantwortung für den Einsatz übernommen und sich damit vor seine Beamten gestellt. Das verdiene Respekt. Schuster sieht einen Zusammenhang zwischen den Rücktrittsforderungen und dem Streit über Stuttgart 21. Die politische Auseinandersetzung dürfe aber nicht auf dem Rücken der Polizisten ausgetragen werden, so der OB. Er appelliere an die Beteiligten, "nicht mit politisch motivierten Rücktrittsforderungen die Diskussion um Stuttgart 21 emotional aufzuheizen". Schuster wünscht vielmehr "die Rückkehr zu einem fairen Umgang". Er könne nach der Beobachtung des Untersuchungsausschusses "die Schuldfrage nicht klären". Wichtig sei nur, dass sich solche Vorgänge in Stuttgart niemals wiederholten.

Auch die CDU im Gemeinderat hält einen Rücktritt für unangebracht. Siegfried Stumpf habe "nicht vorsätzlich so gehandelt, sondern wurde durch die Demonstranten, die den mehrfachen Anweisungen der Polizei nicht folgten, zu den durchgeführten Maßnahmen gezwungen", sagt Fraktionschef Alexander Kotz. Die Verantwortung müssten jene tragen, die den mehrfachen Aufforderungen der Polizei, das Baugelände zu verlassen, nicht gefolgt seien.

Siegfried Stumpf erntete auch in den eigenen Reihe Kritik


Wie wichtig es für einen Polizeichef ist, den OB hinter sich zu wissen, wenn die Luft dünn wird, weiß niemand besser als Volker Haas, der Vorvorgänger von Stumpf. Ihn hatte 1999 der damalige Innenminister Thomas Schäuble strafversetzt, weil "die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit OB Schuster nicht mehr gegeben" gewesen sei. Der ebenso beliebte wie wegen seiner modernen Ansätze in der Drogenpolitik umstrittene Polizeichef hatte damals aus Sorge um mögliche Ausschreitungen bei einer Kurdendemonstration mit 2500 Teilnehmern genehmigt, dabei den Sarg mit dem Leichnam eines in der Haft gestorbenen Landsmannes mitzuführen. Darüber kam es zum Bruch mit Schuster, der ihm den Akt mit dem Verweis untersagte, falls man damit begänne, kämen künftig auch "irgendwelche Rechtsradikalen" mit denselben Wünschen. Das kenne man ja aus dem Dritten Reich. Haas beklagte "mangelnde Toleranz und Respekt" und drohte Schuster mit einer Klage wegen Beleidigung und übler Nachrede.

Dafür bekam er die Quittung. Fortan arbeitete der hochdotierte Expolizeichef Akten im Innenministerium ab. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang: Bereits Anfang der 90er Jahre hatte Haas sein CDU-Parteibuch zurückgegeben. Die beiden Fälle ließen sich nicht vergleichen, sagt allerdings OB Schuster. Stumpf-Kritiker würden das unterschreiben: Während Haas viel Lob für sein unkonventionelles Vorgehen erhielt, erntete Stumpf für den Polizeieinsatz im Schlossgarten Kritik auch in den eigenen Reihen. Vorgeworfen wird ihm bekanntlich nicht nur, in der entscheidenden Phase bei einer Pressekonferenz statt im Schlossgarten gewesen zu sein. Seine Kollegen aus den benachbarten Bundesländern ließen im Untersuchungsausschuss zudem kein gutes Haar an der Organisation. Vor dem Hintergrund des Einsatzes mit mehreren Hundert Verletzten "erscheinen die Versäumnisse von Haas gegenüber jenen von Stumpf als Petitesse", bilanziert Grünen-Chef Wölfle.