Stuttgarts neuer Polizeipräsident Thomas Züfle hat sich den Stadträten vorgestellt. Und dabei auch seine S21-Strategie erklärt.

Stuttgart - Es ist von jeher gute Tradition in der Landeshauptstadt, dass sich ein neuer Polizeipräsident den Fraktionen im Gemeinderat vorstellt - auch ohne einen aktuellen Anlass oder akuten Gesprächsbedarf. Im Fall von Thomas Züfle, der seit Anfang Juni im Amt und Mittwoch der Einladung ins Rathaus gefolgt ist, stand derweil nicht nur die Bitte um Vorstellung auf der Tagesordnung: die Stadträte wollten vor allem wissen, wie dieser in naher Zukunft mit den zu erwartenden Protesten gegen Stuttgart 21 und möglichen Ausschreitungen umgehen will, wenn etwa der Südflügel abgerissen wird oder Bäume im Schlossgarten gefällt werden müssen.

 

Oberstes Gebot bei allen Einsätzen sei die "Deeskalation", betonte der 55-Jährige, der seine Polizeilaufbahn 1973 bei der Bereitschaftspolizei begonnen hat und zuletzt Chef der Polizeidirektion Tübingen war. Dazu gehöre auch, dass die Maßnahmen der Polizei transparent gemacht und angekündigt würden. "Geheimniskrämerei wird es künftig keine geben, die Informationen sickern sowieso durch", so Züfle. "Wir werden bekanntgeben, wo und wann wir welchen Einsatz durchführen werden." Diese Vorgehensweise löse gegebenenfalls zusätzliche Probleme aus, weil sich die Protestbewegung darauf einstellen könne. "Damit müssen wir aber leben", so Züfle.

Aktivisten vom 20. Juni werden angezeigt

Bei gewalttätigen Übergriffen wie zuletzt am 20. Juni, als bis zu 1000 Gegner das Baugelände im Schlossgarten stürmten und einen hohen Schaden verursachten, werde die Polizei weiterhin rigoros und wenn nötig mit Mitteln des unmittelbaren Zwangs durchgreifen, so Züfle. Drei Tatverdächtige, die einen Beamten schwer verletzt und versucht haben sollen, diesem die Waffe zu entreißen, wurden ermittelt. Zudem seien Aktivisten identifiziert worden, die das Gelände gestürmt haben. Die Polizei werte gerade 30 DVDs und 250 Filme aus, um weitere Beteiligte zu ermitteln, die dann wegen schweren Landfriedensbruchs angezeigt würden. Zudem, so Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, erwarte die Betroffenen auch ein Zivilverfahren, das sie teuer zu stehen kommen könnte. Bei der Aktion sei ein Schaden von einer Million Euro entstanden. Da eine gesamtschuldnerische Haftung bestehe, müssten jene Beteiligten für die Gesamtsumme aufkommen, die ermittelt werden können.

Damit es möglichst nicht zu einer erneuten Eskalation kommt, sollen zudem auch die Gespräche mit den S-21-Gegnern intensiviert werden. Dazu werde man das Antikonfliktteam von derzeit neun auf 15 Beamte aufstocken. Außerdem sei die Polizei dabei, so Thomas Züfle, einen eigenen Führungsstab mit Experten aus dem ganzen Land einzurichten, der sich ausschließlich mit dem Thema Stuttgart 21 beschäftigt und Strategien für Einsätze erarbeitet.