Die Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Aalen verzeichnet für das vergangene Jahr einen Anstieg der Delikte um 9,2 Prozent und damit weit mehr als im Landesdurchschnitt. Im Rems-Murr-Kreis ist die Entwicklung bei plus 2,4 Prozent moderater.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Aalen/Waiblingen - Die Kriminalstatistik des vergangenen Jahres hat dem neuen Leiter des Polizeipräsidiums Aalen, Roland Eisele, einen unschönen Einstand beschert. Die Zahl der Straftaten ist in den drei Landkreisen, für die das Präsidium seit der Polizeireform zuständig ist (siehe „Das Polizeipräsidium Aalen“), im Schnitt um 9,2 Prozent angestiegen und damit deutlich über dem Landesdurchschnitt (plus 3,8 Prozent). Auch die sogenannte Häufigkeitszahl, also die auf 100 000 Einwohner hochgerechnete Zahl der Straftaten hat im Vergleich zum Vorjahr mit plus 8,6 Prozent erheblich zugenommen. Allerdings liegt das Aalener Präsidium mit der Ziffer 4681 nach wie vor weit unter dem Landesdurchschnitt (5761).

 

Maßgeblich für den Anstieg der Fallzahlen sei die Entwicklung der sogenannten Rohheitsdelikte, der Diebstähle, der Vermögens- und Fälschungs- sowie der Rauschgiftdelikte, sagt der Leiter der Kriminalpolizei, Reiner Möller. Hingegen seien „Straftaten gegen das Leben“ sowie Wohnungseinbrüche rückläufig. Letztere Entwicklung führt Möller auf den „Strauß an Präventionsmaßnahmen“ zurück, den man nach dem zuletzt starken Anstieg in diesem Bereich geknüpft habe. Einige Einbrecher haben sich allerdings wohl auf Gewerbeobjekte oder öffentliche Gebäude verlagert, denn die Diebstahlzahlen insgesamt haben um 7,8 Prozent zugelegt.

Besorgniserregende Zunahme der Gewaltkriminalität

Als Besorgnis erregend bezeichnete der Leitende Kriminaldirektor Möller hingegen die Zunahme der Gewaltkriminalität. Die Zahlen sind um 10,9 Prozent angestiegen, gefährliche oder schwere Körperverletzung um 15,6 Prozent. Auch die Polizei selbst ist immer häufiger Opfer von Gewalt. Die Zahlen haben um 19,9 Prozent zugenommen, von den insgesamt 241 Straftaten wurden 108 im Rems-Murr-Kreis verübt. Gar der komplette Anstieg um zwölf Fälle von Gewalt an Schulen ist an Rems und Murr zu verzeichnen. Warum das so ist, kann sich der Kripochef nicht erklären.

Erklärungsversuche für die überdurchschnittlich stark angestiegenen allgemeinen Straftatenzahlen hingegen gibt es schon. Diese führen die Verantwortlichen unter anderem auf „Systemumstellungen bei den Erfassungskriterien“ zurück. Zum einen seien beispielsweise im Ostalbkreis bisher einige zusammenhängende Taten nicht einzeln in die Statistik eingegangen. Zum anderen habe man einiges, was sonst erst im Folgejahr erfasst worden wäre, bereits dem Jahr 2015 zugeordnet.

Darüber hinaus scheinen Aufgaben, die über das „Kerngeschäft“ hinausgehen, das personell vergleichsweise schwach aufgestellte Präsidium offenkundig zu belasten. Roland Eisele nennt Einsätze bei Spielen der Fußballproficlubs VfR Aalen und Sonnenhof Großaspach, bei denen knapp 1500 Beamte seines Präsidiums allein im vergangenen Jahr an die 9500 Einsatzstunden leisteten. Zudem fielen bei 1300 Großraum- und Schwertransporten im Gebiet des Präsidiums 7600 Stunden an.

9300 Flüchtlinge im Zuständigkeitsbereich

Nicht zuletzt fordere auch die Flüchtlingssituation ein hohes Maß an polizeilicher Einsatzkraft. 9300 Asylbewerber sind im Zuständigkeitsgebiet des Polizeipräsidiums registriert. Allein in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen hätten seine Kollegen rund 15 000 Einsatzstunden geleistet, sagt Eisele, meist, um bei Auseinandersetzungen zu schlichten.

Trotz der schlechten Zahlen, die der neue Chef, der erst seit Anfang dieses Monats im Amt ist, noch nicht zu verantworten hat, formuliert Roland Eisele zur Statistik auf Nachfrage ein diplomatisches Fazit: „Die Polizei kann nie zufrieden sein. Wir können uns nicht zurücklehnen, sondern müssen unsere Strategien immer wieder neu ausrichten.“ Schwerpunkt Nummer eins soll laut Reiner Möller weiter die Bekämpfung des Wohnungseinbruchs sein, an zweiter Stelle komme „alles, was mit Flüchtlingen zusammenhängt“. Zudem, auch wenn sich das Thema kaum in der Statistik niedergeschlagen habe: die Bekämpfung politisch motivierter Taten insbesondere im Zusammenhang mit Islamismus.

Das Polizeipräsidium Aalen

Zuständigkeit
Die Behörde ist mit ihren zurzeit 1638 Mitarbeitern, darunter 1424 Vollzugsbeamte, für mehr als 900 000 Einwohner in den Kreisen Schwäbisch Hall, Ostalb und Rems-Murr zuständig. Chef des Präsidiums ist seit dem 8. März Roland Eisele. Der 58-Jährige war zuletzt der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Er folgt auf Ralf Michelfelder, der nun Präsident des Landeskriminalamts ist.

Straftaten
Insgesamt 42 650 Straftaten registriert die Statistik für das gesamte Zuständigkeitsgebiet im vergangenen Jahr, fast die Hälfte (21 116) haben sich im Rems-Murr-Kreis ereignet. Dort ist der Anstieg der Delikte gegenüber dem Vorjahr mit 2,4 Prozent vergleichsweise moderat ausgefallen. Den größten Anteil am allgemeinen Zuwachs von 9,2 Prozent hat der Ostalbkreis mit einem Anstieg der Straftaten um 21,3 Prozent.