Die grün-rote Koalition hat einer Verschiebung der umstrittenen Polizeireform eine klare Absage erteilt.

Stuttgart - Die grün-rote Koalition hat einer Verschiebung der umstrittenen Polizeireform eine klare Absage erteilt. Die CDU-Opposition hatte am Donnerstag im Landtag beantragt, die Überprüfung des Umbaus in Bayern bis Ende des Jahres abzuwarten. Innenminister Reinhold Gall (SPD) warf der Opposition vor, sie versuche mit ihrem Antrag „auf Zeit zu spielen“. Die Reformen im Südwesten und Bayern seien überhaupt nicht vergleichbar. Kernziel des Umbaus in Bayern sei gewesen, Personal zu reduzieren. „Ich habe überhaupt keinen Grund, mir ein Beispiel an Bayern zu nehmen.“

 

„Warum diese Eile, warum dieser Druck?“, fragte dagegen der CDU-Innenexperte Thomas Blenke. Die im Südwesten geplante Reform sei ein „finanzielles Vabanquespiel“. Da sei es doch sinnvoll, vorher die Erfahrungen in Bayern anzuschauen. Dort habe der Rechnungshof bereits erklärt, dass es bei der Konzentration von Polizeipräsidien kaum Synergieeffekte gegeben habe. Stattdessen seien Kosten im niedrigen dreistelligen Millionenbereich entstanden. „Gehen Sie nicht mit dem Kopf durch die Wand“, appellierte der CDU-Abgeordnete an Gall.

Gall will Polizeiführung verschlanken

Der SPD-Minister will die Führung der Polizei verschlanken und mehr Beamte auf die Straße bringen. Die vier Landespolizeidirektionen sollen mit den 37 Polizeipräsidien und -Direktionen zu nur noch 12 regionalen Präsidien verschmolzen werden. Die kleinteilige Struktur binde zu viel Personal in Führung und Verwaltung. Der Startschuss für die Reform soll nach umfangreichen Vorbereitungen Ende 2012 fallen. Auch die kommunalen Landesverbände bezweifeln, dass die Reform zu spürbaren Verbesserungen führen wird.

Gall berichtete, er habe kürzlich im bayerischen Landtag gesprochen und sei dort für seine Pläne gelobt worden. „Glauben Sie doch nicht, dass wir die Fehler, die die Bayern gemacht haben, wiederholen.“ Der SPD-Politiker räumte ein, dass es in der Polizei persönliche Sorgen wegen der Veränderungen gebe. Aber die Reform werde in Kernpunkten nicht infrage gestellt.

Vorbild Bayern?

Zwischen 2007 und 2009 wurden im Freistaat mehrere Dutzend Polizeidirektionen und Polizeipräsidien zusammengelegt. Zum Vergleich: Würde Grün-Rot in Baden-Württemberg genauso vorgehen wie die CSU-geführte Regierung in Bayern, gäbe es im Südwesten künftig nur noch acht regionale Präsidien. Die Richtgröße für die Personalstärke in Bayern waren 3000 Beamte. Gall will ungefähr 1500 Polizisten pro Präsidium.

Der frühere Justizminister Ulrich Goll (FDP) befürchtete, dass die zwölf „Großbehörden“ zu weit weg sein werden von den Kommunen und den Tatorten. Die Grüne Petra Häffner hielt der CDU und der FDP vor, sie hätten eine solche Strukturreform in ihrer Regierungszeit längst umsetzen müssen. Sie hätten aber Angst vor den Landräten gehabt. Der SPD-Abgeordnete Nikolaos Sakellariou forderte die Opposition auf, nicht mehr zu behaupten, Grün-Rot habe die Reform an der Polizei vorbei eingefädelt. „Ja, so ein Quatsch!“