Martin Rathgeb ist seit Anfang Juli der Leiter des Polizeireviers 4 an der Balinger Straße.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Ein Zimmerbrunnen plätschert leise vor sich hin. Am anderen Ende des Tisches schimmert eine Salzkristallleuchte. Auf dem kleinen Besprechungstisch stehen drei große Gläser mit Süßigkeiten. „Greifen Sie zu, wenn sie mögen“, sagt Martin Rathgeb zu seinem Besuch. Etwa die Hälfte des Tages verbringe er in seinem Büro, sagt der neue Leiter des Polizeireviers 4 an der Balinger Straße. „Da möchte ich mich wohl fühlen“, erklärt Rathgeb die individuelle Gestaltung seiner beruflichen vier Wände. Und fühlt er sich wohl? „Sauwohl“, antwortet der Kriminaloberrat.

 

Polizist sei sein Traumberuf gewesen, sagt Rathgeb. Seine beiden Opas waren bei der Polizei. Günther Rathgeb war sein Vater. Er war in den siebziger Jahren der Chef der Stuttgarter Schutzpolizei und leitete Einsätze gegen die RAF-Terroristen. Seine Entscheidung, ebenfalls zur Polizei zu gehen, hat Martin Rathgeb nie bereut. „Es ist noch immer mein Traumberuf. Ich bin noch immer glücklich damit, und ich würde fast alles wieder genauso machen“, sagt er. Mittlerweile ist seine Tochter ebenfalls bei der Polizei.

Seit 1983 bei der Polizei

Martin Rathgeb ist Stuttgarter. Er wuchs in Vaihingen auf und besuchte das Fanny-Leicht-Gymnasium. Mittlerweile wohnt er in Weilimdorf. Seit 1983 ist er bei der Polizei. Die meisten Laufbahnen bei der Polizei gehen mit vielen Stellenwechseln einher – so auch Martin Rathgebs Karriere. Seine Ausbildung absolvierte er bei der damaligen Bereitschaftspolizei in Biberach. 1987 wechselte er nach Stuttgart zur Einsatzhundertschaft – wie es damals üblich war. Rathgeb war Gruppenführer. Von 1988 an war er bei der Kriminalpolizei, genauer gesagt beim Mobilen Einsatzkommando (MEK). Er schlug die Kommissarslaufbahn ein und war von 1995 an auch in verantwortungsvoller Funktion.

Dann studierte er an der Deutschen Hochschule für Polizei in Münster. Er arbeitete beim Innenministerium, war Kommandoführer beim MEK Stuttgart und später Chef des MEK beim Landeskriminalamt. 2007 war er maßgeblich beteiligt an der Ergreifung der Sauerlandgruppe, welche einen terroristischen Anschlag in Deutschland geplant hatte. Heute steht ein blaues Kunststoff-Fass unter einem Tischchen in seinem Büro. Die Terroristen hatten solche mit Wasserstoffperoxid gefüllten Kanister. Sie wollten mit der Mischung eine Bombe bauen. „Der Kanister ist sozusagen meine persönliche Trophäe“, sagt Rathgeb. Bis heute hält er Vorträge über diesen Einsatz.

Mehr repräsentative Aufgaben

Zuletzt war Rathgeb im Polizeipräsidium Ludwigsburg bei der Kriminalpolizei unter anderem als Inspektionsleiter tätig. Er wollte wechseln, nicht weil er sich nicht mehr wohlfühlte, sondern um beruflich weiter voranzukommen. Er bewarb sich auf einige Stellen und bekam den Zuschlag für das Polizeirevier 4. Dieses war im Nachgang der Polizeireform höher eingestuft worden. Darum musste der früher Revierleiter Stefan Hartmaier gehen. Er musste sich auf seine eigene Stelle neu bewerben, und er hätte befördert werden müssen, um diese zu behalten. Dafür habe ihm die Sprunghöhe nicht gereicht. So drückte es Hartmaier selbst aus. Nun ist er am Fortbildungsinstitut in Böblingen tätig und dort für die Bereich Einsatz und Verkehr verantwortlich (wir berichteten).

Martin Rathgeb freut sich, dass er zurück bei der Schutzpolizei ist. „28 Jahre bei der Kriminalpolizei waren eine lange Zeit. Es war Zeit für einen Neuanfang“, findet der 50-Jährige. Nun liegen völlig andere Aufgaben vor ihm. „Ich muss wieder viel lernen“, sagt Rathgeb und lacht. Die Zusammenarbeit mit den politischen Gremien, den Bezirksbeiräten und Bezirksvorstehern vor Ort, sei ihm bislang noch völlig unbekannt. Und er habe wieder mehr repräsentative Aufgaben. Rathgeb möchte in seinem Revierbereich wahrgenommen werden.

Die ominösen 100 Tage

„Ich möchte nicht im stillen Kämmerlein hocken, sondern für die Bürger da sein und mit ihnen reden. Kommunikation ist für mich der Schlüssel zum Erfolg.“ Er werde nicht immer für alles eine Lösung parat haben. „Aber ich verspreche, dass ich mich drum kümmere“, sagt Rathgeb. Diese Arbeit sei völlig anders als das, was er bei der Kriminalpolizei gemacht habe. „Aber diese Arbeit ist nicht weniger wichtig.“ Davon ist Martin Rathgeb überzeugt.

Auch für seine Kollegen will der Kriminaloberrat immer da sein und offen und ehrlich mit ihnen umgehen. Das Revier mit seinen 160 Mitarbeitern sei hervorragend aufgestellt. „Es gibt keinen Zwang, etwas zu verändern“, sagt Rathgeb. Also wolle er zunächst einmal beobachten. Rathgeb spricht von den „ominösen 100 Tagen“. Aber irgendwann werde es dann vielleicht schon die ein oder andere Veränderung geben. „Ein Externer hat einen anderen Blick. Der darf nach dem Warum fragen und auch mal was Neues ausprobieren“, sagt Rathgeb.