Im neuen "Polizeiruf" wollen die Bayern mit Montage und überintelligenten Dialogen ein bisschen zu sehr zeigen, wie gut sie sind.  

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Wenn in der ARD-Krimireihe ein neuer Kommissar eingeführt wird, sollte es etwas Besonderes sein. In München nun, ohnehin gesegnet mit herausragenden "Tatort"-Kommissaren, sollte es für den "Polizeiruf 110" wohl etwas ganz Besonderes sein. Matthias Brandt wurde für die Hauptrolle verpflichtet, als Regisseur seines ersten Falls der mit neun Grimmepreisen ausgezeichnete Krimiguru Dominik Graf. Und der hat zusammen mit Günter Schütter (Buch) und Hanno Lentz (Kamera) übermächtig aufgetrumpft. Technisch betrachtet mit schneller Montage, eingeblitzten Bildern und Kamerakreiseln, inhaltlich mit manchmal überintelligenten Dialogen ("Man sieht die Welt nicht so, wie sie ist, sondern so, wie wir sind") und Lokalkoloritkritik.

 

In der komplexen Geschichte kippten Szenen ins Groteske - etwa der Leichenschmaus oder einer der irrwitzigsten Zweikämpfe der TV-Geschichte: sich bis zur Besinnungslosigkeit prügeln, obwohl man mit Handschellen aneinandergekettet ist. Und nach sich stetig steigernder Spannung platzte am Ende die Bombe: Das Phantom war tatsächlich eines, es gab gar keine Cassandra. Alles inszeniert von dem zwar verdächtig unsympathischen Polizisten - aber dass die Erschossene eben nicht verwechselt wurde, sondern wirklich seine Frau war, an deren Vermögen er gelangen wollte: Wer hätte das gedacht?

Etwas erschlagen bleibt man von dieser fast schon angeberischen Lehrstunde zurück. Und ein Gefühl für die neue Figur hat man vor lauter Aufregung drumherum auch noch nicht entwickeln können, außer dass sie einen Kontrast zur überzeichneten Rauf-und-Sauf-Truppe bilden soll. Wie waren die letzten Worte? "Ich bin Hanns von Meuffels - ich komme jetzt öfters!" Neugierig werden wir's abwarten. mri

Polizeiruf 110: Cassandras Warnung (ARD)