In Deutschland sorgen auch Polizisten mit ausländischen Wurzeln für Recht und Ordnung. Innenminister sehen darin ein großes Plus im Polizeialltag - aber nicht alle Parteien.

Mannheim/München - Temposünder stoppen, Drogenkuriere finden, Unfälle aufnehmen - Alltag für Polizeiobermeister Cagri Agbaba. Die türkischen Wurzeln des 26 Jahre alten Beamten spielen dabei selten eine Rolle, wie der hünenhafte Mann sagt. „Nur einmal hat es ein älterer Herr abgelehnt, mit mir zu reden. Weil ich Ausländer bin“, erzählt der Ordnungshüter.

 

Auch Josef Fuksa arbeitet bei der Autobahnpolizei - allerdings in München. Der 25 Jahre alte Mann ist erst seit wenigen Jahren Deutscher. Angefangen hatte er den Dienst bei der bayerischen Polizei als Tscheche. Wie in Baden-Württemberg, so können seit 1993 auch in Bayern Bürger mit ausländischer Staatsangehörigkeit als Polizisten arbeiten. Für die Innenminister der beiden südlichen Bundesländer liegen die Vorteile auf der Hand.

Im Südwesten haben 330 Polizisten keinen deutschen Pass

Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sind die Polizeibeamten ohne deutsche Staatsangehörigkeit „ein gutes Beispiel dafür, wie Integration wirklich gelebt wird.“ Sein Stuttgarter Amtskollege Thomas Strobl (CDU) lobt, Beamte mit ausländischen Wurzeln seien wertvoll für die Polizeiarbeit. „Sie haben spezifische Kenntnisse über die Mentalität und die Kultur anderer Länder, und auch ihre Fremdsprachenkenntnisse sind ein wichtiger Pluspunkt.“

Auch Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, erkennt viele positive Aspekte. „Wenn wir Menschen mit ausländischem Hintergrund für die Polizei interessieren können, und sie sich mit ganzem Herzen ihrer Aufgabe widmen wollen, ist das eine Kompetenzerweiterung, die der Polizei auf jeden Fall hilft.“ Er sehe da einen „klaren Vorteil“.

Die AfD im bayerischen Landtag sieht das ganz anders. „Prinzipiell sollten hoheitliche Aufgaben des Staates nur von Staatsbürgern ausgeübt werden“, sagt der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Richard Graupner, der vor seiner Zeit als Abgeordneter selbst bei der Autobahnpolizei gearbeitet hatte. Er sehe in der Arbeit von Ausländern bei der Polizei keine Vorteile.

Anfang Mai hatten 86 Beamte nach Angaben des bayerischen Innenministeriums keinen deutschen Pass. Einem Sprecher zufolge ließen sich in der Vergangenheit einige Polizisten einbürgern, die ohne deutschen Pass eingestellt worden waren. In Baden-Württemberg arbeiten aktuell 330 Männer und Frauen ohne deutschen Pass bei der Landespolizei. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg gibt es dazu keine Statistik. In Nordrhein-Westfalen hat mehr als jeder achte angehende Polizeibeamte ausländische Wurzeln.

Polizisten mit ausländischen Wurzeln

Dass die Polizisten mit ausländischen Wurzeln eigene Erfahrungen mitbringen, das zeigen die Beispiele von Josef Fuksa und Cagri Agbaba. Polizist in Tschechien zu werden, kam etwa für Fuksa nicht infrage, „weil ich weder in Grenznähe wohne, noch eine persönliche Bindung nach Tschechien habe - mit Ausnahme der Familie.“ In Tschechien sei das Ansehen der Beamten ohnehin ein anderes - die Zeit der kommunistischen Herrschaft hänge teilweise noch immer nach. „Besonders die ältere Generation hat noch im Hinterkopf, dass die Polizei damals der verlängerte Arm des Unrechtsstaats war.“

In Mannheim sieht sich Cagri Agbaba nicht als Außenseiter. Klar - türkische Fernfahrer freuten sich, dass ein Einwandererkind als Beamter seinen Platz in der deutschen Gesellschaft gefunden habe und zugleich ihre Sprache beherrsche. Andere fordern, er möge ein Auge zudrücken und die Tempoüberschreitung oder das waghalsige Überholmanöver doch vergessen. Agbaba verdreht die Augen und schmunzelt. „Da ist nichts zu machen. Ich mache meine Arbeit aus voller Überzeugung“, sagt der in Worms aufgewachsene Alevit.

„Mit Kollegen habe ich noch nie Probleme gehabt“, sagt der mittlerweile eingebürgerte Beamte. Auch ihm sei klar, dass manche misstrauisch auf Beamte mit ausländischen Wurzeln blicken. Im Herbst 2017 etwa gab es anonyme Vorwürfe gegen eine Berliner Polizeischule. Beklagt wurden hier Respekt- und Disziplinlosigkeit sowie mangelnde Deutsch-Kenntnisse von Polizeianwärtern mit Migrationshintergrund. Ein Sonderermittler hatte teilweise deutlichen Nachbesserungsbedarf bei der Einrichtung festgestellt.

Solche Probleme müssten gelöst werden, sagt Agbaba. Ebenso die Vorwürfe gegen Polizisten aus Hessen: Dort laufen seit Monaten dienstrechtliche Verfahren gegen mehrere Beamte wegen rechtsextremistischer Vorkommnisse. Schwarze Schafe gebe es überall, sagt der Mannheimer Autobahnpolizist. Er selbst sei mit sich im Reinen und spüre keine Ressentiments. „Ich bin wertkonservativ. Das spüren die Menschen“, sagt Agbaba.