6000 Euro Strafe muss ein 44-jähriger Polizeihauptmeister aus Böblingen zahlen. Er soll in Libyen Polizisten ausgebildet haben.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Böblingen - Am Ende, in ihrer Urteilsbegründung, fand die Richterin des Böblinger Amtsgerichts jene deutlichen Worte, die der 44-jährige Angeklagte und eine ganze Phalanx von Zeugen während des gesamten Prozesses hatten vermissen lassen. „Es ist doch klar, was hier abging“, sagte die Vorsitzende. Was der Polizeihauptmeister während der Verhandlung vorgebracht habe, entstamme dem „Bereich der Fabeln und Märchen“.

 

Der Polizeibeamte, Schießtrainer bei der Bereitschaftspolizei Böblingen, ist damit für schuldig befunden worden, in den Jahren 2006 und 2007 viermal nach Libyen gereist und, zusammen mit weiteren deutschen Beamten, Polizisten des Machthabers Muammar al-Gaddafi für Spezialeinsätze ausgebildet zu haben. Die sichergestellten Trainingspläne sahen das Abseilen von Hubschraubern, das Erstürmen von Passagierflugzeugen und Bussen oder das richtige Verhalten im Häuserkampf vor.

Die Zeugen haben wenig zur Aufklärung beigetragen

Weil das geschah, während der Mann offiziell krankgeschrieben war, handelt es sich um Betrug am Land Baden-Württemberg. Zudem lagerte der Polizist in seinem Dienstspind 407 Schuss Munition. Eine Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro muss der Polizeihauptmeister zahlen, der nach Anfangsjahren bei einer Antiterroreinheit der Nationalen Volksarmee ins deutsche Sondereinsatzkommando übertrat. Auch muss er die Gerichtskosten tragen.

Die Zeugen, die im Prozess aufgeboten worden waren, trugen zur Aufklärung wenig oder gar nichts bei. Zwei weitere Beamte aus Baden-Württemberg arbeiteten ebenfalls im Dienst der inzwischen insolventen ostfriesischen Sicherheitsfirma BDB Protection, die in ganz Deutschland aktive oder ehemalige Spezialbeamte für die Erfüllung ihres Vertrags mit dem Gaddafi-Regime anwarb.

Seite 2: Weitere Beamte stehen vor Gericht

Der Angeklagte beharrt auf der touristischen Absicht seiner Reise

Einer dieser Beamten aus dem Land ist 2010 ebenfalls verurteilt worden, er strengte ein Revisionsverfahren vor dem Landgericht Stuttgart an. Ein anderer Beamter aus Stuttgart quittierte nach Beginn der Ermittlungen 2008 freiwillig den Dienst, das Verfahren gegen ihn wurde daraufhin fallengelassen.

Am Montag trat dieser 37-Jährige, der dem SEK Baden-Württemberg angehörte, als Zeuge auf. Er habe Magengeschwüre seit den Vorkommnissen, klagte der Exbeamte. Er wisse nicht mehr, ob er den Angeklagten in Libyen oder sonst wo einmal gesehen habe. „Ich kann mich nicht mal mehr an meine Kollegen aus dem Kommando richtig erinnern.“ Die Aussage stand im Einklang mit vielem, was dem Gericht im Verlauf des Verfahrens erzählt wurde.

Ein anderer mitbeschuldigter Beamter aus Essen (Nordrhein-Westfalen) machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, weil gegen ihn selbst ein Verfahren läuft. 120 Gaddafi-Soldaten seien allein in seinem Kurs ausgebildet worden, er habe sich unmöglich alle Namen und Gesichter merken können, gab der Polizeibeamte zu Protokoll. Der 44-jährige Böblinger beharrt auf der touristischen Absicht seiner Libyenreisen. Sein Verteidiger kündigte an, er werde in die nächste Instanz gehen.