Der polnische Außenminister bittet den deutschen Botschafter zum Gespräch. Aber die Dissonanzen auf hoher politischer Ebene bleiben deutlich.

Warschau - Hätte es nur das Treffen zwischen dem polnischen Außenminister Witold Waszczykowski und dem deutschen Botschafter in Warschau, Rolf Nikel, gegeben, könnte man glauben, in den deutsch-polnischen Beziehungen stehe alles zum Besten. Zwar hatte der Außenminister den Diplomaten am Montag zu sich gebeten, um sich über „antipolnische Äußerungen deutscher Politiker“ zu beschweren. Doch nach dem 40 Minuten dauernden Gespräch bemühten sich Minister und Diplomat um den Schein von Harmonie.

 

Es gebe lediglich „ein Problem in der Kommunikation mit einigen deutschen Politikern“, sagte Waszczykowski und lud neben Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier auch andere deutsche Politiker ein, sich bei Besuchen „zu überzeugen, dass der Zustand der polnischen Demokratie nicht so schlecht ist, wie es aus der Ferne aussehen mag“. Dem Auswärtigen Amt zufolge will der SPD-Politiker der Einladung nach Warschau „in sehr naher Zukunft“ nachkommen. Und, so betonte auch Botschafter Nikel, die deutsch-polnischen Beziehungen seien „ein Schatz, auf den wir aufbauen wollen und den wir auch weiter gut entwickeln wollen.“

Europäische Bedenken gegen umstrittene Gesetze

In Berlin betonte Regierungssprecher Steffen Seibert, Polens Ministerpräsidentin Beata Szydło werde demnächst nach Berlin kommen. Hinter den Kulissen ist von Harmonie freilich keine Rede. Weder Polens Außenminister noch die Ministerpräsidentin sind Schwergewichte in der Regierung, die faktisch von PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski geführt wird. Schon spekulieren Warschauer Medien über Szydłos Ablösung. Kaczynski betonte am Sonntag, die neue Regierung werde sich von ihrem Kurs „von keinerlei Druck, keinerlei Worten, die niemals fallen dürften, und jetzt besonders aus deutschen Mündern, abbringen lassen“. Vertraute Kaczynskis versuchen, europäische Bedenken gegen umstrittene Gesetze über die Medien oder das Verfassungsgericht als anti-polnische Kampagne darzustellen.

Die Bundesregierung vermeidet deshalb öffentliche Kommentare zur polnischen Politik. „Jede Äußerung eines Ministers oder der Kanzlerin würde nur Öl ins Feuer der anti-deutschen Kampagne der PiS gießen“, sagte der StZ ein deutscher Offizieller. Statt dessen sollen EU-Kommission oder Europarat die Schritte der neuen polnischen Regierung bewerten. Die Krise um das Verfassungsgericht in Polen geht derweil weiter. Eine für Dienstag vorgesehene Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bestellung von fünf Richtern durch die neue Regierung wurde vom Verfassungsgericht abgesagt. Zunächst muss das Gericht über ein Ende 2015 verabschiedetes Gesetz befinden, das nach Meinung von Juristen die Kompetenzen des Gerichts verfassungswidrig einschränkt.

Unterdessen hat der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, das Vorgehen der EU-Kommission gegen Polen verteidigt. Mit Blick auf polnische Demonstrationen gegen die Regierung in Warschau sagte der FDP-Politiker am Montag: „Diese Menschen müssen wissen, dass Brüssel sie unterstützt, wenn es darum geht, den Rechtsstaat zu wahren.“ Lambsdorff kritisierte aber zugleich Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) für dessen Kritik, dass sich Polen zu einer gelenkten Demokratie wie Russland entwickle. „Dieser verbale Amoklauf von Martin Schulz ist ein Geschenk für die neue Regierung in Warschau“, sagte er. Schulz verstärke so antideutsche Gefühle in Polen.