Stuttgart liegt vom Meer etwa 700 Kilometer und sieben Autostunden entfernt. Die Sehnsucht nach dem großen Wasser macht erfinderisch. Bevor das Stadtpalais am Freitag „Stuttgart am Meer“ ausruft, steigen junge Menschen auf dem Wasen in Pools.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Beginnt das Meer an jedem Strand? Stuttgart ist reich an Mineralwasser. Doch dies genügt nicht allen. Denn jetzt kommen zwei Oasen am Wasser hinzu. Am Freitag feiert das Stadtpalais sein Stadt-am-Meer Comeback. Zum vierten Mal verwandelt das Stuttgart-Museum bis zum 12. September seinen Außenbereich in eine Installation der Illusion. Dünen werden nachempfunden, echtes Nass lockt. Stuttgart hat zwar einen Neckar, macht aber aus seinem Fluss nur wenig. Jetzt wird Urlaubsstimmung an zwei verschiedenen Orten extra aufgebaut.

 

Bis Sonntag können Pools auf dem Wasen gebucht werden

Auf dem Cannstatter Wasen freut sich Veranstalter Christian Doll, der Kopf des Kesselfestivals und der Wilhelma-Veranstaltung Christmas Garden, dass endlich wieder was läuft. „Aperol Pool Concert Tour“ nennt sich, was bis Sonntag Station auf dem Gelände des zum zweiten Mal ausfallenden Volksfestes macht. In Gießen und Dortmund waren die Trucks schon, die über ein Dutzend Whirlpools für jeweils fünf Personen und etwa 200 Sonnenliegen von Stadt zu Stadt bringen. Alles leuchtet in Orange, weil der Sponsor den Aperol Spritz feiert. Ein bisschen Beach ist aufgebaut, wo sonst Boxautos und Geisterbahnen kurven. Jeden Abend spielen regionale Bands. Das geimpfte, getestete oder genesene Publikum hockt in Badekleidung in den Pools oder streckt sich sommerfroh auf den Liegen bis weit in die Ferienlaune hinein.

Regionale Band und DJs treten für das Publikum im Wasser auf

„Die Resonanz ist super“, freut sich Doll, „für Freitag und Samstag sind schon alle Pool-Plätze ausgebucht.“ Sein Open-Air-Konzert mit Anna Netrebko im September auf dem Schlossplatz musste er absagen, weil unklar ist, ob 5000 Zuschauerinnen und Zuschauer nach den dann geltenden Corona-Bestimmungen zugelassen werden – so viele hätte er mindestens gebraucht, damit der Auftritt kostendeckend ist. Auf dem Wasen dürfen 300 Menschen in den abgesperrten Bereich. Das Wasser in den Pools wird mit Chlor desinfiziert und regelmäßig ausgetauscht. Jeden Tag werden die Becken gereinigt. Wer sich auf dem Gelände bewegt, muss Maske tragen. An seinem Platz, ob im Wasser oder nicht, darf man sie ablegen.

Bevor Musiker wie Neeve, Aljosha Konter oder Toni Mogens spielen, legen DJs auf. Die Stimmung ist gut. Entspannt ruht das Publikum, genießt die untergehende Sonne und trinkt orangefarbene Drinks, die es auch ohne Alkohol gibt. Manche glauben, der Aperol Spritz sei der Sommerdrink der Vergangenheit. Doch wer sich auf dem Wasen umschaut, wird vom Gegenteil überzeugt.

Campari hat das 1919 gegründete Familienunternehmen Aperol gekauft

Der Mailänder Hersteller verkauft jährlich 32 Millionen Liter des rotgoldenen Likörs. Vor zwölf Jahren hat die Campari-Gruppe das 1919 gegründete Familienunternehmen Aperol gekauft. Als Spritz steigt der Umsatz noch immer. Die Spritz-Tour mit den Pool-Konzerten durch Deutschland beweist es. Beim Themen Spritzen müsste freilich noch mehr gehen. Wann kommt das Impfkonzert? Erst holt man sich die Spritze ab, dann spielt die Musik. Die Idee von Urlaubsflair in der eigenen Stadt gibt also noch Meer her!