Oldies, but Goldies: Bei der Grammy-Verleihung 2018 in New York geht in der Nacht auf Montag auch eine Trophäe nach Deutschland. Die vier Elektro-Pioniere von Kraftwerk gewinnen in der Kategorie Bestes elektronisches Album. Pop-Ikonen sind sie ohnehin schon seit Jahren.

Kultur: Tim Schleider (schl)

New York - Klar, die ganz großen Stars der 60. Grammy-Verleihung hießen Bruno Mars und Jay-Z. Aus deutscher Sicht ist allerdings die nicht ganz so bombastisch inszenierte Trophäe in der Kategorie „Bestes Dance/Elektronic-Album“ die Nachricht des Tages: Die vier Düsseldorfer Elektro-Pop-Veteranen von Kraftwerk konnten sich hier mit ihrer jüngsten Veröffentlichung „3D – Der Katalog“ durchsetzen gegen prominente Konkurrenz: Bonobo („Migration“), Mura Masa („Mura Masa“), Odesza („A Moment Apart“) und Sylvan Esso („What Now“). Und dieser Erfolg ist umso bemerkenswerter, als Kraftwerk vor vier Jahren von der US-Phono-Akademie bereits mit einem Grammy für ihr Lebenswerk geadelt wurden (und nach einem solchen Finalspruch für die Geschichtsbücher ja Folgepreise eher ungewöhnlich sind).

 

Artifizielle und spektakuläre Videos

„3D – Der Katalog“ ist 2017 veröffentlicht worden, bezeichnenderweise nicht nur als CD, sondern auch als Langspielplatte, als Download Card, als 3 D Blue Ray und als DVD. Das Album bringt nämlich optische und akustische Aufnahmen von den Kraftwerk-Live-Auftritten der jüngeren Zeit. Seit einem Neustart 1999 bespielen die vier Musiker Ralf Hütter (71; ernsthaft!), Fritz Hilpert (frische 61), Henning Schmitz und Falk Grieffenhagen (seit 2012) in aufsehnerregenden Performances vor allem Theatersäle und Museumshallen, keineswegs nur in Deutschland, sondern global. Das Setting ist dabei stets gleich: Auf einer Bühne stehen relativ statisch und unspektakulär vier Herren an Pulten und drücken darauf herum, während hinter ihrem Rücken zum Teil höchst artifizielle und spektakuläre Videos zu sehen sind. Das dokumentiert nun auch das Album „3D – Der Katalog“.

Der Düsseldorfer Elektrosound, der in den siebziger Jahren mit seinen Ohrwürmern „Autobahn“ oder „Trans-Europa-Express“ einen ganz neuen Klang in die Welt brachte, ist längst zum Gesamtkunstwerk geworden. Die Einflüsse auf andere Pop-Größen (David Bowie, Duran Duran, Depeche Mode), aber auch auf Filmregisseure oder Performance-Künstler, füllen inzwischen eigene Lexikonartikel. Der jüngste größere Auftritt von Kraftwerk fand im Sommer 2017 statt: Zum Start der Tour de France in Düsseldorf gaben die Vier ein Open Air vor 15 000 Zuschauern im Ehrenhof ihrer Heimatstadt. Und auch Stuttgart kann sich freuen: Am 20. Juli 2018 wird Kraftwerk im Rahmen der Jazz Open auf dem Schlossplatz auftreten.

Insgesamt 84 Grammy-Kategorien

Die Grammy Awards werden seit 1959 von der National Academy of Recording Arts and Sciences verliehen und sind sozusagen die Oscars der Musikindustrie. Vergeben werden sie von den Akademiemitgliedern in mittlerweile 84 Kategorien an Sänger, Komponisten, Musiker, Produktionsleiter und Tontechniker – übrigens keineswegs nur in den Pop-Sparten, sondern auch für aktuelle Einspielungen aus Klassik, Folk und Weltmusik. Nach einigen Jahren ist die Verleihungsgala nun von Los Angeles wieder an ihren traditionellen Standort New York zurückgekehrt. Und weil es so viele Preise zu verteilen gibt, wird ein Teil der Auszeichnungen bereits vor Beginn der Gala bekannt gegeben – so auch im Falle Kraftwerks am frühen Sonntagabend New Yorker Zeit.