Popmusikförderung in Stuttgart Wer soll welche Zuschüsse bekommen?

Das Universum am Charlottenplatz: einer der Konzertclubs, um die es geht. Foto: Kraufmann

Am Mittwoch kommen erstmals seit dem umstrittenen Entscheid zur Förderung des New-Fall-Festivals Politik und örtliche Veranstalter zusammen, um über die Zukunft des Popstandorts Stuttgart zu sprechen.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Paul Woog weiß, wovon er spricht, denn er kennt beide Seiten der Medaille. „Wir wollen kein Geld“, wiederholt er also noch einmal, was er bereits im vergangenen November klargestellt hat: Er als Geschäftsführer der Konzertagentur SKS Russ sowie die drei anderen großen Platzhirsche im Veranstaltungsgewerbe – die Firmen Musiccircus, C2 Concerts und Chimperator – möchten gar keine öffentlichen Fördergelder für ihre Popkonzertveranstaltungen bekommen; in ihrem Selbstverständnis sehen sie sich als privatwirtschaftliche kommerzielle Unternehmen.

 

So sehen das allerdings nicht alle seine Kollegen. Die Düsseldorfer SSC Music Group etwa wollte sich das von ihr ausgerichtete New-Fall-Festival bezuschussen lassen, und einen solchen Zuschuss gewährte ihr der Stuttgarter Gemeinderat auf Antrag der Grünen auch: jeweils 40 000 Euro für dieses und das kommende Jahr. Der Beschluss rief einen öffentlichen Aufschrei hervor, scheint indes längst Makulatur geworden zu sein: Das Unternehmen hat vorläufige Insolvenz angemeldet.

Kriegt das New-Fall-Festival nun Geld – oder nicht?

Dass damit derzeit die Rechtsgrundlagen für die Auszahlung entfallen, stellt Kulturbürgermeister Fabian Meyer gegenüber unserer Zeitung klar. Die Gründung einer gemeinnützigen GmbH für das Festival – eine der Grundvoraussetzungen für eine Förderung – sei „beim Registergericht Stuttgart nicht bekannt beziehungsweise festgestellt“, zudem müsse ein aktualisierter Kosten- und Finanzierungsplan vorliegen und die Gesamtfinanzierung gesichert sein. „Diesen Antrag müsste die – noch nicht gegründete – New Fall Festival Stuttgart gGmbH stellen“, so Meyer. „Derzeit ist nicht absehbar“, fügt er allerdings hinzu, „mit welchem Ergebnis das vorläufige Insolvenzverfahren, in dem geprüft wird, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann, abschließen wird.“ Vollends vor dem Düsseldorfer Zugriff gesichert, heißt das, sind die zugesagten Subventionen also nicht.

Andere Veranstalter hingegen bräuchten dringend Unterstützung, das weiß niemand besser als Woog, der vor seinem jetzigen Beruf Gründungsgeschäftsführer des Stuttgarter Popbüros gewesen ist, das für die Nachwuchsförderung zuständig ist, und somit wie eingangs erwähnt auch die andere Seite der Medaille kennt. Und so belebten er und einige Vertreter der großen sowie kleineren Stuttgarter Konzertveranstalter eine alte Initiative wieder: die IG Live. Sie will gerade für kleine Veranstalter und die örtlichen Bands die Bedingungen verbessern. „Uns geht es darum, private und gemeinnützige Aktivitäten zu bündeln, das bisherige Konzept der Förderung zu überdenken, mit wenig Einsatz ein vielfältiges Angebot zu schaffen und so auch neuen Bands ein Forum zu bieten“, sagt Woog. Drei Grundpfeiler – siehe Infokasten – der Popförderung schlägt die IG Live dafür vor.

In der Stadt treffen alle diese Anregungen durchaus auf offene Ohren. Kulturbürgermeister Fabian Meyer bestätigt, dass im Kulturamt bereits über neue Förderideen nachgedacht werde. Und er nennt den soeben ergangenen Beschluss des Gemeinderats, die Neuausschreibungen für das Nutzungsrecht der städtischen Werbetafeln auf das nächste Jahr zu verschieben, damit Veranstalter und städtische Ämter verbesserte Lösungen vorschlagen können.

An diesem Mittwoch nun kommen – auch als Folge der desaströs verlaufenen Zuschussentscheidung für das New-Fall-Festival – erstmals Politik und Veranstalter zum Austausch zusammen. Zu diesem haben Jürgen Sauer, der kulturpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, und sein Grünen-Ratskollege Andreas Winter eingeladen, der federführend für seine Fraktion den Antrag auf Subventionen für das Festival in die Haushaltsberatungen eingebracht hat.

Reumut und offene Ohren

Reumütig zeigt Winter sich im Nachhinein nicht. „Ich würde es bedauern, wenn das Festival nicht stattfinden könnte“, sagt er, der offenkundig nach wie vor den Worten des New-Fall-Veranstalters Hamed Shahi („Es handelt sich um eine vorläufige Insolvenz. Unsere Veranstaltungen in Düsseldorf und Stuttgart können aber trotzdem stattfinden.“) Glauben schenkt – und sich umgekehrt sicher zeigt, dass die für das Festival bewilligten Zuschüsse nun nicht anderweitig in die Förderung der lokalen Poplandschaft fließen könnten: „Da kann man in keiner Weise von ausgehen, die Mittel waren zweckgebunden“, sagt Winter.

Jürgen Sauer hingegen zeigt sich gegenüber den Vorschlägen der IG Live sehr aufgeschlossen, glaubt jedoch, dass der vorgeschlagene Gema-Fonds mit den eigentlich für New Fall bewilligten zweimal 40 000 Euro „sehr gut klarkommen würde“ und somit „neben unserem bestehenden Förderprogramm ,Kultur im Club‘ ein zweites Standbein für die Clubszene in unserer Stadt“ entstehen könnte.

Diesen Betrag wiederum hält Paul Woog für bei Weitem nicht hinreichend. Beim Ziel einer spürbaren Förderung für die regionale Popmusiklandschaft, so der Veranstalter, „geht es sicherlich nicht um 40 000 Euro“.

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