Das Popnotpop-Festival lockte am Samstagabend Musikbegeisterte ins Stuttgarter Nachtleben. Mit einer Eintrittskarte hatten die Besucher Zutritt zu fünf Clubs. Neun Bands aus unterschiedlichsten Genres sorgten für Begeisterung.

Stuttgart - Die Entscheidung fällt schwer. Es ist einer der seltenen Momente im Stuttgarter Nachtleben, in denen das Angebot in fünf Clubs gleichzeitig so vielversprechend klingt, dass man sich die Zeitumstellung erst an diesem Samstagabend gewünscht hätte. Denn die Nacht scheint viel zu kurz. Stuttgart ist nicht gerade als Musikmekka bekannt – aber Hannes Steim und Andreas Puscher haben mit der dritten Auflage ihres Popnotpop-Festivals am Samstag bewiesen, dass das nichts heißen muss. Und dass es auch anders geht.

 

Der 24-jährige Student Felix überlegt sich meist zweimal, ob er feiern geht. „Sonst ist musiktechnisch ja nicht so viel in Stuttgart geboten“, sagt er. Wie berichtet, kostet es teilweise etwas Überredungskunst, Independent-Bands nach Stuttgart zu locken. Hannes Steim und Andreas Puscher gelingt das ziemlich gut, auch mit internationalen Namen.

Einen Plan zu haben ist kein Fehler

Felix und sein Kumpel Michel kennen keinen einzigen der im Programmheft aufgeführten Künstler. Aber das hat sie neugierig gemacht. „Wir haben uns die Bands im Internet angehört und uns dann einen Plan gemacht, wen wir sehen wollen.“

Einen Plan zu haben ist an diesem Abend kein Fehler. Denn das Popnotpop folgt dem klassischen Festivalprinzip: mit einer Eintrittskarte kommen die Besucher in alle fünf beteiligten Clubs. Von 21 Uhr an spielen neun Bands, danach legen elf DJs auf. Alles zu sehen ist unmöglich, auch wenn die nahe beieinanderliegenden Clubs in der Stuttgarter Innenstadt für dieses Konzept wie geschaffen sind.

Zum Auftakt spielen im Zwölfzehn Ed Schrader’s Music Beat. Zwei Jungs, eine Trommel und ein Bass. Ed Schrader kombinieren Einflüsse von PiL, den Dead Kennedys und Joy Division – so kündigt es der Text im Programmheft an. Und tatsächlich klingt Ed Schraders Stimme stellenweise, als wäre der verstorbene Joy-Division-Sänger Ian Curtis wiederauferstanden – doch dann folgt eine der vielen rauen, lauten Passagen, in denen Ed Schrader wie wild auf seine Trommel einschlägt und beide Männer dazu, nun ja, eher kreischen als singen. Sie mögen den Mix. Das Publikum, anfangs noch verhalten, geht mehr und mehr mit, und die Showeinlagen zwischen den kurzen Liedern treiben den Sympathiebonus der beiden US-Amerikaner nach oben. „Wir sind zum ersten Mal in Europa“, sagt Ed, „zum ersten Mal in Stuttburgh!“

Elektrorock ganz ohne Computer

Nur ein paar Hundert Meter weiter: im Speakeasy warten Felix und Michel auf T.O.Y., eine achtköpfige Live-Electro-Combo aus Leipzig. Auch die mögen den Mix, bieten ansonsten aber ein Kontrastprogramm: Acht weiß gekleidete Männer kommen schweigend auf die Bühne. Posaune, Saxofon, Gitarre, Schlagzeug, Keyboard – jeder spielt ein Instrument, kein Ton kommt aus dem Computer. Mit ihrem Elektrorock covern sie Daft Punk oder Boys Noize. Die Übergänge zwischen Liedern verschwimmen wie die Genregrenzen. Nach einem einstündigen Spiel ohne Pause, einem handgemachten Livemix, gehen sie wieder. Schweigend, wie sie gekommen sind. Und das Publikum ist außer sich.

Felix und Michel ziehen weiter. Sie wollen noch viel sehen an diesem Abend, der für sie im Kim Tim Jim enden soll. Denn dort vermuten sie die beste Party. Aber wer weiß, wo sie landen. Denn auch das ist ja das Schöne an guten Festivals: sich einfach mal treiben lassen. Und spontan entscheiden.