Kehrtwende in Sachen Abmahnwelle gegen Nutzer von Sex-Videos im Netz: Das Landgericht Köln zweifelt selbst seine ursprüngliche Einschätzung an. Eine Rechtsverletzung sei nicht offensichtlich, heißt es nun.

Kehrtwende in Sachen Abmahnwelle gegen Nutzer von Sex-Videos im Netz: Das Landgericht Köln zweifelt selbst seine ursprüngliche Einschätzung an. Eine Rechtsverletzung sei nicht offensichtlich, heißt es nun.

 

Köln - Nach massiver Kritik an der jüngsten Abmahnwelle wegen angeblich illegaler Porno-Clips im Internet lenkt das Landgericht Köln ein. Einige Kammern räumten bereits ein, dass durch die verfügte Auskunftserteilung des Gerichts das Recht der Betroffenen möglicherweise verletzt worden sei, teilte das Gericht am Freitag mit. Sie neigten dazu, an ihrer ursprünglichen Einschätzung nicht mehr festzuhalten. Am Donnerstag hatte die Staatsanwaltschaft Köln bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet, um zu klären, ob eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde.

Eine Regensburger Anwaltskanzlei hatte im Namen der Schweizer Firma The Archive AG als Rechteinhaberin zehntausende Nutzer des Anbieters Redtube abgemahnt und zu einer Geldzahlung verpflichtet. Das Auskunftsersuchen zur Herausgabe der Namen der Anschlussinhaber wurde vom Landgericht Köln bewilligt.

Bereits jetzt seien im LG Köln über 50 Beschwerden gegen die Beschlüsse eingegangen, die den Providern erlaubten, Nutzerdaten herauszugeben. Auf Antrag einer Regensburger Anwaltskanzlei hatte das Landgericht dem Ersuchen stattgegeben und den jeweiligen Providern erlaubt, die Namen der fraglichen Anschlussteilnehmer herauszugeben.

Streaming stelle noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß dar

Die Kammern des Gerichts erkennen inzwischen an, dass es sich in den strittigen Fällen vermutlich lediglich um das sogenannte Streaming von Video-Dateien handelt. Streaming stelle aber grundsätzlich noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts und vermutlich auch keine unerlaubte Vervielfältigung dar, heißt es in einem Schreiben einiger Kammern an die Antragstellerin.

Zweifel hat das Gericht inzwischen auch daran, dass die entsprechenden IP-Adressen der Betroffenen rechtmäßig ermittelt wurden. Einige Kammern hätten signalisiert, dass sie die aufgetauchten Bedenken an der Ordnungsgemäßheit der Ermittlung, wie sie in einem Gutachten dargelegt wurde, inzwischen „für beachtlich“ hielten. Es sei „nicht erkennbar, wie das eingesetzte Ermittlungsprogramm in der Lage sein soll, die IP-Adresse des Downloaders zu erfassen, der lediglich mit dem Server kommuniziert, auf dem das Werk hinterlegt ist“, heißt es in dem Schreiben an die Antragstellerin. Zahlreiche Experten hatten bereits die Vermutung geäußert, dass die Adressen möglicherweise mit einem illegalen Trick abgegriffen worden seien.

„Endgültige Entscheidungen über die Beschwerden sind noch nicht ergangen“, stellte das Gericht zugleich fest. Sie würden frühestens im Januar erwartet. Aufgrund des großen Interesses will das LG Köln in den nächsten Tagen exemplarisch zwei Entscheidungen ins Netz stellen, in denen die Anträge der Rechteinhaberin The Archive AG zurückgewiesen worden waren (www.nrwe.de). Wegen der großen Zahl der Gesuche um Akteneinsicht bietet das Gericht den Betroffenen alternativ an, entsprechende Kopien der relevanten Dokumente auch per Fax zu senden.