Der Porsche 911 ist ein Sportwagen-Mythos. Das Modell steht zudem bei Porsche für Kontinuität. Dies ist jedoch nicht ohne Risiken, meint Wirtschaftsredakteur Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Der Start des Ur-Elfers von Porsche verlief alles andere als reibungslos. Als der neue Sportwagen im Herbst 1963 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt Premiere feierte, konnten sich manche Kunden des Sportwagenbauers nur schwer mit der neuen Form anfreunden. Sie mäkelten, der Wagen sei irgendwie zu eckig. Ärger bekam Porsche auch mit Peugeot. Die Franzosen verhinderten, dass die Stuttgarter ihren neuen Hoffnungsträger nicht wie ursprünglich geplant 901 nennen durften, weil sie sich die Typenbezeichnung mit drei Zahlen und einer Null in der Mitte hatten patentrechtlich schützen lassen. Als Notlösung wählte Porsche daraufhin die Zahl 911.

 

Trotz dieser Anfangsschwierigkeiten entwickelte sich der Sportwagen zu einem Bestseller und zu einer Ikone der Automobilgeschichte. Porsche hat deshalb allen Grund zu feiern, dass die Faszination, die von diesem Auto ausgeht, auch nach Jahrzehnten ungebrochen ist und insgesamt bereits eine Million Exemplare des Bestsellers produziert und verkauft wurden.

Vertrauen auf Kontinuität

Porsche ist bisher gut damit gefahren, die unverwechselbare Form bei jedem Modellwechsel eher behutsam zu verändern. Der 911er ist damit zum Gesicht der Marke geworden. Das Vertrauen auf Kontinuität ist indes jedoch generell kein garantiertes Erfolgsrezept in der PS-Branche. Zu viel Festhalten am Gewohnten kann auch gefährlich sein. Dies hat Porsche Anfang der neunziger Jahre schmerzhaft erfahren müssen, als auch der Dauerläufer 911er nicht verhindern konnte, dass der kleine Stuttgarter Autobauer in eine existenzgefährdende Krise geriet.

Wendelin Wiedeking sorgte damals als neuer Unternehmenschef dafür, dass die Produktion komplett umgekrempelt und die Modellpalette neu ausgerichtet wurde. Zusätzlich zu den Sportwagen wurden die Weichen für die Entwicklung von Geländewagen gestellt, die ebenfalls Renner wurden. Genau betrachtet ist Porsche heute vor allem ein Geländewagenhersteller. Der Cayenne und sein kleiner Bruder Macan haben die Sportwagen-Baureihen beim Absatz bei weitem überholt. Der 911er ist zwar immer noch der emotionale Kern der Marke und bringt gute Gewinne, die Ausweitung der Modellpalette gewährleistet jedoch, dass der Autobauer nicht auf eine Nische beschränkt ist, die im Gegensatz zu den Geländewagen weltweit nicht gerade die besten Wachstumschancen hat.

Im Wettlauf um Spitzenleistungen wurden die Motoren kräftig aufgerüstet

Porsche führt den anhaltenden Erfolg und den Mythos des 911ers zu einem großen Teil darauf zurück, dass der Sportwagen im Laufe der Jahrzehnte viele Siege auf Rennstrecken eingefahren hat. Wer solch ein Auto kauft, kann sich auch auf dem Weg ins Büro als Sieger fühlen. Diese Orientierung an einer spritzigen Fahrweise hat jedoch auch dazu geführt, dass die Stuttgarter im technischen Wettlauf um Spitzenleistungen bei den Motoren kräftig aufgerüstet haben. Der Ur-Elfer hatte nur 130 PS, der neueste 911 GT3, der im Frühjahr auf dem Genfer Autosalon Premiere feierte, bringt es auf 500 PS.

Der Erfolg solcher Boliden zeigt, dass es heute extrem unterschiedliche Mobilitätswünsche gibt: Auf der einen Seite stehen möglichst sparsame und umweltschonende Antriebe; auf der anderen Seite gibt es aber eine ungebremste Lust an Spritschluckern und röhrenden Motoren – als gäbe es keine Diskussion über Klimaschutz und als wären die Ressourcen unbegrenzt. Bis zum Ende des Jahrzehnts will Porsche als zusätzliches Modell einen Sportwagen mit Elektroantrieb präsentieren, der bisher unter dem Arbeitstitel „Mission E“ läuft. Es ist gut vorstellbar, dass auch der 911er einmal mit Strom fährt. Das am Donnerstag präsentierte Jubiläumsexemplar der Baureihe ist grün lackiert. Vielleicht wird der Bestseller einmal zu einem wirklich grünen Auto, damit er auch in den kommenden Jahrzehnten auf Erfolgskurs bleiben kann.