Beim Porsche 911 gibt es den Verdacht, dass Verbrauchswerte des Bestsellers zu niedrig angegeben wurden. Das kann teuer werden und dem Image schaden, das ohnehin angekratzt ist.

Stuttgart - Der Porsche 911 ist das Herz der Sportwagenmarke. Vor zwei Jahren lief das einmillionsten Exemplars dieses Bestsellers in Zuffenhausen vom Band. Im vergangenen November feierte bereits die achte Generation dieser Ikone der Automobilgeschichte Weltpremiere. Der Sportwagen ist auch Dauergewinner bei der Leserwahl des Magazins „Auto, Motor und Sport“. Beim diesjährigen Wettbewerb lag der 911er am Donnerstag erneut mit großem Vorsprung vorn. Sowohl bei den Sportwagen als auch in der Kategorie Cabrios kam der Dauerläufer mit großem Vorsprung auf den ersten Platz. Mit jugendlichem Elan spurtete Vorstandschef Oliver Blume bei der festlichen Siegerehrung in Stuttgart auf die Bühne und nahm die Auszeichnung für den beliebtesten Sportwagen entgegen.

 

In Wirklichkeit war Blume wohl nicht zum Feiern zumute. Denn am gleichen Tag musste sich das Unternehmen beim Kraftfahrtbundesamt selbst anzeigen und eingestehen, dass ausgerechnet beim Erfolgsmodell 911 etwas schiefgelaufen zu sein scheint. „Porsche hat bei internen Untersuchungen Themen im Zusammenhang mit einzelnen, sogenannten Ausrolltests festgestellt“, heißt es etwas kryptisch in einer Stellungnahme des Unternehmens.

Fragwürdige Werte festgestellt

Solche Ausrolltests werden für die Typgenehmigung nach dem Prüfzyklus NEFZ durchgeführt. Auf einem Rollenprüfstand im Testlabor absolviert das Fahrzeug bei diesem Prüfzyklus ein festgelegtes Programm. Weil es im Labor keinen Luftwiderstand gibt, wird dieser zuvor nach sogenannten Ausrollversuchen errechnet. Dazu wird der Wagen auf einer Teststrecke auf eine festgelegte Geschwindigkeit beschleunigt, dann wird ausgekuppelt und gemessen, wie lange das Fahrzeug noch rollt. Daraus wird der Luftwiderstand errechnet. Weil der NEFZ-Zyklus im Vergleich mit dem Straßenverkehr viel zu niedrige Werte beim Verbrauch und den CO2-Emissionen liefert, wurde er im vergangenen Jahr abgeschafft und durch den WLTP-Zyklus ersetzt. Nun kann der Eindruck entstehen, dass beim 911er die ohnehin geschönten Werte zusätzlich mit Tricks nach unten korrigiert wurden.

Nachdem Porsche ohnehin schon einige Probleme mit Abgasmanipulationen hatte, werden alle früheren Genehmigungsprozesse noch einmal intern untersucht. Bei solch einer Untersuchung seien einige auffällige Abweichungen festgestellt worden, so ein Porsche-Sprecher. Diese habe man sofort den zuständigen Behörden gemeldet – also dem Kraftfahrtbundesamt und den US-Behörden. Die Untersuchungen seien jedoch noch nicht abgeschlossen. „Es kann auch sein“, so der Sprecher, „dass es sich als falscher Alarm herausstellt.“ Mit dem vorauseilenden Gehorsam will das Unternehmen verhindern, dass ihm später womöglich vorgeworfen werden könnte, Erkenntnisse unzulässig zurückgehalten zu haben. Solch eine verzögerte Mitteilung könnte unangenehme rechtliche Auseinandersetzungen auslösen.

Jetzt drohen Strafzahlungen

Bevor eine Erklärung für die Ausreißer bei den Tests gefunden ist, will sich der Porsche-Sprecher nicht zu der Frage äußern, wie viele Autos betroffen sein könnten. Laut „Spiegel“ geht es um Fahrzeuge der Baujahre 2016 und 2017. In diesen beiden Jahren wurden rund 64 500 Wagen dieser Baureihe verkauft. Eine Typgenehmigung ist nur erforderlich, wenn ein neues Modell auf den Markt kommt. Vom 911er gibt es mehr als 20 unterschiedliche Modellvarianten.

Sollte sich herausstellen, dass die nachträglich festgestellten Verbrauchswerte mehr als zehn Prozent über der ursprünglichen Angabe liegen, drohen Schadenersatzzahlungen, Steuernachforderungen und Strafzahlungen. Auch der Ruf des Unternehmens würde noch mehr beschädigt. Eine bei der Leserwahl von „Auto, Motor und Sport“ veröffentlichte Umfrage unter den Teilnehmern des Wettbewerbs belegt, dass das Image des Sportwagenbauers durch die negativen Schlagzeilen im Zusammenhang mit Abgasmanipulationen schon einige Kratzer hat. Im Vorjahr hielten noch 62 Prozent der Befragten Porsche für vertrauenswürdig, in diesem Jahr waren es nur noch 54 Prozent.