Porsche hat es wie kaum eine andere Automarke verstanden, seine Fans in Clubs hinter sich zu bringen. Der Sportwagenhersteller feiert mit einer Sonderausstellung die bisweilen skurrile Geschichte der Porsche-Clubs.

Stuttgart - Es gibt unter Journalisten ein Platitudenverbot. Zum Beispiel die Sache mit dem Mekka-Vergleich. Nur lassen sich leider etliche Hundert US-Amerikaner, einige Engländer, Neuseeländer und ganz wenige Deutsche, viele von ihnen im gesegneten Greisenalter, nicht anders als Pilgerfahrer bezeichnen. Sie kommen aus der halben Welt in dieser Woche nicht nach und wegen Stuttgart. Sie kommen nach Zuffenhausen. Wegen Porsche.

 

180 000 Porschianer rund um die Welt

Der Sportwagenhersteller hat es wie kaum eine andere Automarke verstanden, seine Fans in Clubs hinter sich zu bringen. Mehr als 180 000 „Porschianer e. V.“ existieren weltweit, zwei Drittel davon in den USA. Vom Wochenende an wird mit einer Sonderausstellung im Zuffenhausener Firmenmuseum der bisweilen skurrilen Geschichte der Porsche-Clubs gedacht.

Mike Robbins wird natürlich auch dabei sein. Ein Faible für europäische Autos hatte der junge Geschäftsmann bereits in den heckflossen- und hubraumstrotzenden 1950er Jahren in New York. Gegen Ende dieses Jahrzehnts kurvte er mit einem Jaguar durch Manhattan. „Das war schwierig, weil immer irgendwas kaputt war“, erinnert sich der langjährige Präsident des Porsche Clubs of North America heute – und hörte damals von der Robustheit des neuartigen handgefertigten Porsche Speedster.

Tröstlich: Wo Wasser reinläuft, läuft es auch wieder heraus

„Durch Zufall“ habe er sich spontan im Mai 58 ein gebrauchtes Auslaufmodell jenes Sportwagens sichern können, den Serien-Zuffenhausener mit dem wohl rudimentärsten Luxus aller Baureihen überhaupt. Robbins, der heute im besten Alter eines Ruhestandskaliforniers ist, besitzt trockenen, angelsächsischen Humor: „Es war zum Glück Sonnenschein, als ich das Auto abholte.“ Das minimalistische Notzelt für Fahrer und Beifahrer samt der abtrennbaren Windschutzscheibe für Rennen bezeichnete einst nicht einmal der Hersteller als Cabrioverdeck. „Wo Wasser hineingeht, läuft es auch wieder heraus“, sagt Robbins heute – und muss es wissen. Schließlich war er in 44 Jahren rund 1,2 Millionen Kilometer mit dem Wagen unterwegs, der heute einem französischen Sammler gehört. „Ich fuhr eigentlich jeden Tag“, sagt er ganz ruhig. Immer wieder betont Robbins seinen Respekt vor der „german quality“.

Klar, der eine oder andere Motor war fällig, immer gab es Inspektionen. Aber keineswegs andere Modelle. Als der 911er anno 1963 herauskam, war der Robbins zu wild für US-Highways. Was ihn nicht davon abhielt, für die US-Motodroms eine jener atemberaubenden 904er-Mittelmotor-Rennmaschinen zu erwerben – übrigens der erste Design-Geniestreich des jungen Ferdinand Alexander Porsche, kaum dass er die Waldorfschule am Kräherwald verlassen hatte.

Ein „Sports Car“ statt eines postbarocken Chromstahlgefährts

Es ist bemerkenswert, dass sich vor allem jene Amerikaner damals wie heute einen Porsche kaufen, die nicht zum Establishment zählen wollen. Und das auch bereits zu einer Zeit, da der Markenname noch die gebildeten Käufer in Übersee an den Namen von Hitlers „Wehrwirtschaftsführer“ erinnern musste. Der jungen Marke gelang es jedoch vor allem in den USA, sich von Anfang an als dynamischer Sportwagenhersteller mit grundsolider Ingenieurkunst zu profilieren. Ein „Sports Car“ eben, statt eines postbarocken Chromstahlgefährts.

Sicherlich hat dazu auch die Legende von einem Autoimporteur beigetragen. Max Hoffmann, ein gebürtiger Österreicher mit Wohnsitz in New York, überredete Anfang der 50er Jahre die Untertürkheimer Konstrukteure zu einem Wagen namens SL. In Zuffenhausen bat er die Porsches, doch beim 356er das Dach wegzuschneiden und einfach die Motorsportkompetenz in die Serienfertigung zu übertragen. Dadurch bereitete er mit einer ganz speziellen Kundschaft Porsches Weg in die USA. Da waren junge Wilde wie James Dean, der bekanntlich in einem 550 Porsche Spyder auf tragische Weise ums Leben kam. Oder der unnachahmliche Schauspieler Steve McQueen, der mit dem Film „Le Mans“ wie kein Zweiter die Hybris des internationalen Rennzirkus darstellte. Er ließ sich 1970 während wüster Szenen in dem echten Rennen des Langstreckenklassikers nur ungern vom Weissacher Werksfahrer Herbert Linge doubeln. Die Porsche-Fahrer zelebrieren in den USA das Fahrzeug mit quasi religiösem Kult – vielleicht um den landestypischen religiösen Fundamentalismus zu persiflieren.

Felgenpflege mit dem Wattestäbchen

Der Firmenarchivar Dieter Landenberger hat mehrmals bei Treffen erlebt, wie Hunderte von Porsche-Fetischisten mit dem Wattestäbchen Felgen polieren: „Wer in den USA einen Porsche kauft, erhält seit Jahrzehnten nicht nur einen Wagen, sondern ein soziales Netzwerk und eine Community dazu“, sagt Landenberger. „Und das hat gar nichts mit Geld zu tun.“

Denn anders als in Deutschland seien beispielsweise die unkaputtbaren wie preisgünstigen Transaxle-Modelle vom Typ 924 oder 944 in den Vereinigten Staaten nicht als „Hausfrauen-Porsche“ verschrien. „Wer ein Stuttgarter Rössle auf der Haube hat, gehört dazu – oder wer zum Auftakt der regelmäßigen Clubtreffen Fallerslebens ,Deutschlandlied‘ gerade so beherrscht wie den ‚Star Spangled Banner‘.“

Bei der Vernissage am heutigen Samstag wird es wohl kaum zum Absingen irgendwelcher Hymnen kommen. Man ist ja im Porsche-Museum vollständig im Allerheiligsten angekommen – aus Sicht der vereinten Porsche-Pilgerer.