Unmittelbar vor dem Porsche Grand Prix in Stuttgart müssen die Deutschen im Fedcup in Australien antreten. Auch für die Tennisspielerin Angelique Kerber steht damit im April eine Reise um die halbe Welt an.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart – Als ehemaliger Tennisprofi, Daviscupkapitän für die Schweiz und Inhaber einer Sportvermarktungsagentur weiß der Züricher Markus Günthardt ganz genau, was im Welttennis so alles gespielt wird. „Da prallt ein ganzer Haufen von Interessen aufeinander“, sagt der Turnierdirektor des Stuttgarter Porsche Grand Prix, jenem Ereignis, das seit 2007 fünfmal von den Aktiven zum attraktivsten Turnier auf der weltweiten Frauentour gewählt wurde. Doch es hilft nichts: diesmal haben die Stuttgarter besonders unter dem engen Terminplan zu leiden, bei dessen Gestaltung neben den Spielerinnen und deren Agenten auch die Turnierveranstalter, die Women’s Tennis Association (WTA) und der Weltverband ITF mitreden.

 

Und so kommt es, dass das Halbfinal-Gastspiel des deutschen Fedcupteams im australischen Brisbane am Wochenende des 19. und 20. April die Stuttgarter Tennismacher um Günthardt und seine Sportliche Leiterin Anke Huber vor allerlei Probleme stellt. Immerhin läuft in der Porsche-Arena bereits die Qualifikation des Grand Prix (19. bis 27. April), wenn 16 000 Kilometer entfernt die Nationalelf mit der Teamchefin Barbara Rittner in Down Under um den Einzug ins Finale des Fedcups kämpft. Reisestrapazen sind also unumgänglich.

Zunächst hatte man von Seiten des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) ja noch gehofft, mit den Australierinnen das Heimrecht tauschen zu können, um den Spielerinnen die Reise um die halbe Welt zu ersparen. Doch das Team Australia machte da nicht mit – und stimmte auch einer Vorverlegung des Duells um eine Woche nicht zu. Sogar dem Wunsch der Gäste, schon am Freitag und Samstag zu spielen, kam man nicht nach. „In Australien hat der Fedcup einen sehr hohen Stellenwert“, sagt Günthardt, „vielleicht hat man gedacht, bei dieser Terminhatz käme die deutsche Nummer eins, Angelique Kerber, erst gar nicht mit.“

Keine erfreuliche Situation

Nun aber beginnt für Kerber und Co. in Brisbane erst sonntags um 13 Uhr Ortszeit der zweite Spieltag. Zwei Einzel und ein Doppel stehen dann noch an. Nur im Falle einer uneinholbaren 3:0-Führung eines Teams wird um ein Einzel verkürzt. „Es wird auf jeden Fall sehr eng, denn der Rückflug geht am Sonntag um 21 Uhr“, sagt Anke Huber, die ihre deutschen Asse Angelique Kerber, Sabine Lisicki, Andrea Petkovic und Julia Görges im günstigsten Fall letztlich am Montagabend Ortszeit in Stuttgart begrüßen könnte.

„Das ist natürlich alles sehr stressig und keine erfreuliche Situation“, sagt Anke Huber, deren Planungsteam dann von Mittwoch an bei der täglichen Ansetzung der Partien viel Geschick beweisen muss. Immerhin ist auch die 37. Auflage des Stuttgarter Tennisklassikers, der 1978 in Filderstadt seine Premiere feierte, ein internationales Topturnier. Allerdings eines mit familiärer und nationaler Ausrichtung, worauf die Organisatoren trotz der 710 000 US-Dollar an Preisgeld weiter wert legen.

Die Grand Dame des Tennis fehlt beim Porsche Grand Prix

Da lediglich Spielerinnen mit einer Weltranglistenplatzierung von 26 und besser den so genannten Cut schafften – darunter Angelique Kerber (Platz 9) und Sabine Lisicki (15) –, hat Anke Huber die beiden Wildcards an Andrea Petkovic und die 2011er-Siegerin Julia Görges vergeben. Sie alle müssen sich in Stuttgart mit der Crème de la Crème des Frauentennis auseinandersetzen: Acht Spielerinnen aus den Top Ten werden bei dem Hallenturnier auf Sand und auf „Grand-Slam-Niveau“ (Markus Günthardt) antreten. Darunter die Siegerin der beiden Vorjahre, die Russin Maria Scharapowa, ebenso wie Agnieszka Radwanska (Polen) sowie Jelena Jankovic (Serbien) und die ehemalige Nummer eins, Caroline Wozniacki aus Dänemark.

Lediglich die Grande Dame des Frauentennis und aktuelle Nummer eins, Serena Williams, wird beim Porsche Grand Prix fehlen, weil ihr eine Reise nach Europa vier Wochen vor den French Open in Paris offenbar nicht in den Turnierplan passt. Daher führt die Chinesin Na Li als Nummer zwei der Tenniswelt die Stuttgarter Setzliste an. „Wir freuen uns sehr auf sie“, sagt Anke Huber, „denn sie spielt hervorragend – und bringt auch viel Humor mit.“