Er stand 36 Jahre vergessen in einer Scheune in Brandenburg. Nun ist einer der ersten 911er wieder im Porsche-Museum zu sehen – und hätte auf dem Markt einen Wert von einer Million Euro.

Stuttgart - Da steht er nun, der signalrote Lack wieder glänzend, die Sitze mit schwarz-weißen Karos. Das Mahagoniholz an Armaturen und am Lenkrad, das Leder und der Himmel duften nach der behaglichen Sportlichkeit der 60er Jahre. Mit einem satten „Womp“ schließen die Türen. Und die Augen von Ewald Pfurtscheller (46) beginnen zu leuchten. „Das ist schon etwas besonderes“, sagt der Mechaniker der Museumswerkstatt.

 

Denn dieser Porsche ist nicht irgendeines der 400 historischen Sportwagen des Museums. Es ist einer der ersten 911er. Mit der Fahrgestellnummer 57, in Handarbeit gebaut am 22. Oktober 1964 in Zuffenhausen. Das war übrigens genau der Tag, an dem der 1963 auf der IAA in Frankfurt vorgestellte Zweisitzer seinen neuen Namen bekam, vom 901er zum 911er wurde. Denn der französische Hersteller Peugeot protestierte gegen das Label 901, das allzu sehr an ihre Autos erinnerte. So entschied man, die 0 mit der 1 vertauschen – schwäbisch gedacht, weil man so nicht allzu viel an den Fahrzeugunterlagen ändern musste. So entstand die Legende.

Die Trödler von RTL II finden den verwitterten Wagen

Im Porsche-Museum steht und rollt diese Legende wieder, von Donnerstag an sogar in einer Sonderausstellung. Wie kam es dazu? Der Weg nach Zuffenhausen war ungewöhnlich. Die RTL-II-Sendung „Trödeltrupp“, die alte Scheunen entrümpelt und das Interieur zu Geld macht, meldete einen Zufallsfund. Auf einem alten Bauernhof wurde ein verwitterter Porsche gefunden, der seit 1978 dort stand. Staub, Ersatzteile, Duschvorgänge und Gardinen lagen auf dem Gefährt, das vergessen in der Ecke vegetierte.

Der Besitzer Bernd Ibold war damit jahrelang als Mechaniker durch Deutschland gefahren, auf der Rückbank den Werkzeugkasten. Dann rostete das Auto 36 Jahre ungenutzt vor sich hin. Der Eigentümer hatte den Überblick verloren, bis der „Trödeltrupp“ mit Otto Schulte kam.

„Er hatte vielleicht mit 5000 oder 6000 Euro gerechnet“, erzählt Achim Stejskal, der Leiter des Porschemuseums. Doch die Fahrgestellnummer 300057 ließ die Augen der Porscheaner leuchten: Einer der allerersten 911er, noch mit dem Namen 901 erbaut, genau das fehlte dem Museum seit 50 Jahren. Zwei Gutachten zeigten, dass das Gefährt tatsächlich 107 000 Euro wert war. Kein schlechter Preis, ging er doch 1964 für 21 900 D-Mark vom Band. Für Bernd Ibold ein Glücksfall. Im September 2014 wurde die Sendung ausgestrahlt – über fünf Millionen Zuschauer schalteten ein.

Drei Jahre Restaurierung

Doch danach begann in der Porsche-Museumswerkstatt erst die harte Arbeit. Deren Leiter Kuno Werner legte Wert darauf, dass so viele Teile wie möglich im Original erhalten bleiben – auch wenn die Scheiben leichte Macken haben: „Man sieht, dass und wie das Auto gelebt hat.“ Gleichzeitig sollte es wieder fahren.

So wurde alles zerlegt, ein chemisches Laugenbad entfernte den Rost. Ein später gebauter 911er aus dem Jahr 1965 wurde als Ersatzteillager genutzt, der Motor mühsam wiederhergestellt – allein das hat 120 Arbeitstunden benötigt, wie der Mechaniker Walter Layer erzählt. Dabei haben die Liebhaber historischer Rennwagen viel gelernt, viele Details wurden in der ersten Serie nach wenigen Exemplaren geändert, von der Farbe der Lichter bis zur Einspritzung.

Stilecht: Zigarrenhalter im Aschenbecher

Teil für Teil wurde restauriert. Der Aschenbecher – stilecht mit Zigarrenhalter – wurde von Azubis an den Stellen neu geformt, wo er verrostet war. Das Handschuhfach wurde neu gefüttert, die Sitze gepolstert. Drei Jahre wurde mit Geduld, Geschick und Spucke gearbeitet. „Es war ein erhebendes Gefühl, ihn zum ersten Mal um den Porscheplatz zu fahren“, erzählt der Werkstattchef Kuno Werner.

Mit einem Zweiliter-Motor und 130 PS kommt der Wagen immerhin auf 210 Sachen in der Spitze. Verkäuflich ist er natürlich nicht. Aber würde man ihn auf dem Markt anbieten, könnte er gut eine Million Euro bringen. Oder auch 1,3 Millionen. So genau weiß man das nie bei einer Legende.