Die Ausstellung „Porsche und die Fifties“ beschäftigt sich mit der Firmengeschichte und dem Lebensgefühl der 1950er Jahre.

Zuffenhausen - Die Modellbezeichnungen 911, 928, Boxster, Cayenne oder Panamera dürften wohl auch Menschen geläufig sein, die sich nicht unbedingt für sportliche Fahrzeuge interessieren. Bei der Bezeichnung P 312 hingegen könnten selbst passionierte Porschefreunde ins Grübeln kommen. Kein Wunder, schließlich handelt es nicht um einen Rennwagen, sondern um einen Schlepper. Mit 30 Pferdestärken, zwei Zylindern und einer Höchstgeschwindigkeit von knapp 25 Kilometern pro Stunde hätten sich selbst vor 60 Jahren keine Autorennen gewinnen lassen. Obwohl die Stromlinienform ebenso wie die orangene Farbe des Gefährts tatsächlich Assoziationen zu einem Sportwagen aufkommen lassen.

 

Doch das ist er nun wirklich nicht, der „Allgaier P 312 System Porsche“. Das Gerät, von dem zwischen 1948 und 1954 200 Exemplare gebaut worden sind, war ein Plantagenschlepper. Zum Einsatz gekommen ist er auf brasilianischen Kaffeeplantagen, gebaut hat ihn die Firma Allgaier, konstruiert wurde er von Porsche. Seine Stromlinienform bekam der P 312, damit er nicht am Buschwerk hängen blieb, die orangefarbene Karosserie sollte ihn von der größtenteils grünen Umgebung abheben. Um die empfindlichen Kaffeepflanzen vor Dieselabgasen zu schützen, wurde der P 312 von einem Benzinmotor angetrieben.

Plantagenschlepper und Motorboot

Der Plantagenschlepper ist nur eines von vielen seltenen und interessanten Exponaten, die in der vor Kurzem eröffneten Sonderausstellung „Porsche und die Fifties. Von Stuttgart in die Welt“ zu sehen sind. „Wir möchten die Geschichte und Geschichten der Marke erzählen und so ein Kaleidoskop schaffen“, sagt Dieter Landenberger, der Leiter des historischen Archivs des Porsche-Museums. Neben diversen Ausstellungsstücken werden auch zahlreiche Bilder der Fotografin Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein gezeigt. Nicht nur die Geschichte der Sportwagenmarke, auch das Lebensgefühl der 1950er Jahre steht im Mittelpunkt der Sonderausstellung.

Damals, als Grace Kelly Fürst Rainier von Monaco heiratete, Elisabeth II. zur englischen Königin gekrönt wurde und Deutschland zum ersten Mal Fußballweltmeister wurde, ist in Zuffenhausen der Grundstein für den weltweiten Erfolg der Firma gelegt worden. Einen wichtigen Beitrag dafür leistete der Porsche 356, von dem gleich mehrere Exemplare in der Sonderausstellung stehen. „Das war ein Auto, das damals niemand brauchte, aber viele kauften“, erzählt Landenberger und lächelt. Für den Preis von 10 200 Mark hätte man zweieinhalb VW-Käfer bekommen, von dem wiederum zahlreiche Teile im 356 steckten. Nachdem die ersten 356er noch im österreichischen Kriegsexil in Gmünd gefertigt worden waren, beschloss Ferry Porsche 1949, nach Zuffenhausen zurückzukehren.

Spannende Geschichten von Menschen und Autos

Von Anfang an setzte man darauf, dass Rennerfolge einerseits gut für die Weiterentwicklung der Fahrzeuge, andererseits aber auch gut für die Verkaufszahlen sein würden. „Win on sunday, sell on monday“, an dieser Devise hat sich seither nichts geändert. 1951 startete Porsche zum ersten Mal offiziell als Werksteam bei einem Rennen. Und zwar im französischen Le Mans. Kurz nach dem Krieg war dies ein Politikum. Hinter dem Lenkrad des 356 SL saßen immerhin zwei französische Fahrer. Weitaus weniger politisch umstritten dürften die Touren gewesen sein, die Ferry Porsche mit „Octopussy“ auf dem österreichischen Wörthersee unternommen hat. Das Motorboot, das selbstverständlich von einem Porsche-Aggregat angetrieben wurde, ist einer der Hingucker der Sonderausstellung.

Von großer Bedeutung für die Firma war von Anfang an der Exportmarkt – vor allem in den USA. Importeur Max Hoffman bat Ferry Porsche um ein klassisch anmutendes Markenzeichen, so wurde das heutzutage allseits bekannte Wappen erdacht und Ende 1952 erstmals in die Lenkradnabenabdeckung integriert. Mindestens ebenso bekannt wie durch das Wappen mit dem Stuttgarter Rössle wurde die Marke in den Fünfzigern durch zahlreiche Hollywoodstars. Bestes Beispiel ist James Dean, der in seinem weißen 356 erfolgreich an vielen Rennen teilnahm. Den tauschte er später gegen einen 550 Spyder, auf dem Weg zu einem Rennen kam er darin 1955 ums Leben. „Ebenso spannend wie die Autos sind die Menschen hinter der Marke“, sagt Landenberger. Folglich finden sich über Persönlichkeiten wie den „Rennbaron“ Huschke von Hanstein, den Test- und Rennfahrer Herbert Linge oder Mitglieder der Porsche-Familie zahlreiche Anekdoten in der Sonderausstellung.

Dass früher zwar nicht alles, aber doch eine ganze Menge besser war, lässt sich auch akustisch erleben: Eine Art Jukebox spielt Lieder aus der goldenen Ära des Rock ’n’ Roll. Zu den Interpreten zählt neben Bill Ramsey, Paul Anka und Little Richard auch Elvis. Dessen Gassenhauer „Return to sender“ passt freilich nicht so ganz zum Ambiente der Ausstellung. Erstens stammt er aus dem Jahr 1962, zweitens dürften wohl nur die wenigstens Porschekunden jemals den Wunsch verspürt haben, ihren Wagen zurückzugeben.