Ein früherer Chefstratege und langjähriger Vertrauter von Porsche-Chef Wiedeking hat im Porsche-Prozess Erinnerungslücken für den Zeitraum zwischen den Jahren 2005 und 2008 geltend gemacht. „Ich erinnere mich nicht, es tut mir leid“, sagte der Zeuge am Donnerstag.

Stuttgart - Ein früherer Porsche-Chefstratege hat im Prozess gegen Ex-Firmenchef Wendelin Wiedeking und Finanzvorstand Holger Härter große Gedächtnislücken im Zeugenstand geltend gemacht. Der bedeutsame Zeitraum - die Jahre 2005 bis 2008 - sei sehr lange her, zudem plagten ihn private und gesundheitliche Probleme, sagte der frühere Porsche-Hauptabteilungsleiter am Donnerstag vor dem Stuttgarter Landgericht. „Ich erinnere mich nicht, es tut mir leid.“ Sein Gedächtnis sei vernebelt. Der 54-Jährige schied 2011 aus der Firma aus, später musste er sich einer Herzoperation unterziehen.

 

Der Zeuge war lange enger Vertrauter vom Porsche-Chef Wiedeking, der laut Staatsanwaltschaft zusammen mit Härter den Markt manipuliert haben soll. Die beiden bestreiten das.

Zeuge kann sich an Beschlüsse nicht erinnern

Knackpunkt in dem Verfahren ist die Frage, wann genau der Porsche-Vorstand den Beschluss zur Dreiviertelübernahme des Branchenriesen gefällt hat. Nach offizieller Darstellung war das Ende Oktober 2008, die Anklage geht jedoch von einem viel früheren Zeitpunkt aus - dieser Beschluss sei verschleiert worden. Im damaligen Übernahmepoker verloren Anleger wegen Kursturbulenzen der VW-Aktie Milliardenbeträge.

Porsche konnte seine Pläne nicht verwirklichen. 2009 brach das Unternehmen unter hoher Schuldenlast fast zusammen und musste seine Sportwagen-Produktion an Volkswagen verkaufen, als Beteiligungsgesellschaft hält Porsche heute etwa 51 Prozent an VW.

Der befragte Ex-Stratege war unter anderem für die Planung und Durchführung der Vorstandssitzungen zuständig gewesen. Solche Sitzungen gebe es einmal im Monat, pro Jahr würden insgesamt etwa 120 Beschlüsse gefasst. Sich an einen einzigen zu erinnern, sei ihm nicht möglich, sagte der Zeuge.

Aussage könnte Wiedeking belasten

Interessant wurde es, als er nach einer Porsche-Aufsichtsratssitzung vom Juli 2008 befragt wurde. Hier hatte es bisherigen Erkenntnissen des Gerichtsprozesses zufolge einen „Vorratsbeschluss“ gegeben. Demnach ermächtigte das Kontrollgremium den Vorstand zur Dreiviertel-Übernahme von VW. Das ist unüblich, normalerweise ist der Ablauf andersherum - der Vorstand beschließt, der Aufsichtsrat gibt grünes Licht.

Ausgerechnet in diesem Kernpunkt sagte der Zeuge: „Es gibt nie einen Aufsichtsratsbeschluss, was nicht vorher der Vorstand beschlossen hat.“ Diese Aussage könnte Wiedeking belasten. Später ruderte der unsicher und etwas wirr auftretende Zeuge aber zurück und sagte, solche Vorratsbeschlüsse seien üblich. Diese Aussage wiederum könnte zur Entlastung von Wiedeking beitragen.

Die Staatsanwaltschaft geht von einer sogenannten verdeckten Beschlusslage aus, derzufolge der Porsche-Vorstand nur mündlich entschieden haben könnte. Hierzu schüttelte der Zeuge den Kopf. „Was beschlossen wird, wird protokolliert.“ Die unergiebige Vernehmung des Ex-Strategen setzt die Staatsanwaltschaft weiter unter Druck: Bisher ist es der Anklage noch nicht gelungen, ihre Vorwürfe mit Aussagen von Gutachtern oder Zeugen zu erhärten. Der Prozess dauert planmäßig noch bis Februar.