Alle Register hatte Porsche gegen einen internen Kritiker gezogen. Nun zieht der Sportwagenbauer kleinlaut zurück. Auf diese Weise gewinnt man verlorenes Vertrauen nicht zurück, kommentiert StZ-Autor Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Diese vorweihnachtliche Bescherung hat sich Porsche nun wirklich selbst eingebrockt. Schon früh war klar, dass das Unternehmen mit seinem Vorgehen gegen einen kritischen Mitarbeiter wenig Erfolg haben würde. Doch nach der ersten Abfuhr vor dem Arbeitsgericht, das bereits bei der Freistellung des Mannes die Meinungsfreiheit betonte, ließ Porsche nicht locker. Es setzte noch zwei Kündigungen drauf und ließ den Streit so eskalieren. Nun, da ihm das Gericht eine Niederlage signalisierte, musste der Sportwagenbauer diese kleinlaut zurückziehen.

 

Natürlich ist es das gute Recht der Firma, sich gegen überzogene Kritik von Beschäftigten zu wehren. Vielleicht meinte Porsche das auch den vielen Kollegen von Siegmar Herrlinger zu schulden, denen dessen Auftreten und Ton ebenfalls nicht gefiel. Doch es ist zum einen eine Frage der Professionalität zu prüfen, ob man wirklich fast das gesamte arbeitsrechtliche Arsenal einsetzen will. Wenn man das tut, sollte es wenigstens funktionieren, sonst geht der Schuss, wie jetzt, nach hinten los.

Erst aufgepumpt, dann Luft abgelassen

Vor allem aber ist es eine Frage der gesellschaftlichen Sensibilität abzuschätzen, wie ein solches Vorgehen in der Öffentlichkeit wirkt. Einer der Hauptpunkte von Herrlingers Kritik war der Diesel-Skandal, in dem die Rolle von Porsche noch ungeklärt ist. Gänzlich ungestreift, so viel zeichnet sich ab, kommt der Zuffenhausener Konzern da wohl nicht davon. Immerhin sind mehrere aktive und ehemalige Mitarbeiter im Visier der Strafjustiz. Wie der gesamten Automobilindustrie stünde daher auch Porsche eine gewisse Demut gut an. Intern wie extern sollten sich die Unternehmen der Diskussion stellen, wie es zu den Motormanipulationen mit allen Folgen kommen konnte.

Statt Nachdenklichkeit einkehren zu lassen, schien sich Porsche beim Vorgehen gegen Herrlinger weiterhin unangreifbar zu fühlen. Mächtig pumpten sich die Firmenvertreter vor Gericht auf, bis ihnen der Richter gleichsam die Luft abließ. Fazit: Wer verlorenes Vertrauen zurückgewinnen will, sollte genau so nicht agieren.