Dass Porsche seinen Mitarbeitern künftig die Fahrkarte für Bus und Bahn bezahlt, wenn in Stuttgart Feinstaubalarm ausgerufen wird, ist ein wichtiges Signal – auch an die anderen großen Unternehmen in der Stadt. Aber die Motive sind durchaus eigennützig, meint StZ-Lokalchef Holger Gayer.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, den der Sportwagenhersteller Porsche und die Feinstaub- und Stickoxidhauptstadt Stuttgart nun gehen: Wenn die Luft im Kessel und an den Randlagen desselben zu dick ist, bezahlt der Autobauer seinen Mitarbeitern ein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Sprich: Wenn Feinstaubalarm ausgerufen wird, können die Porscheaner künftig gratis mit Bus und Bahn nach Zuffenhausen fahren, um dort den 911er zu bauen. Das klingt beim ersten Hinhören zwar kurios, folgt aber einer Logik, mit der endlich auch Politiker und Unternehmenschefs auf die Klimarealitäten in Stuttgart und der Region reagieren.

 

Denn keineswegs sind die Verantwortlichen in Rathaus und Porsche-Zentrale schiere Wohltäter, die den Menschen einfach so etwas Gutes tun. Vielmehr haben sich zwei geprügelte Hunde zusammengefunden, um das Beste aus ihrer jeweiligen Misere zu machen. Die Landeshauptstadt reißt seit Jahrzehnten regelmäßig alle Feinstaubgrenzwerte und gerät ob ihrer in der Vergangenheit allenfalls eingeschränkten Gegenmaßnahmen so sehr unter Druck, dass selbst der Bundesverkehrsminister mit CSU-Parteibuch Fahrverbote für Diesel in die Debatte wirft. Porsche wiederum gehört zum VW-Konzern, der bis in die Tiefen seiner Auspuffrohre im Abgasskandal steckt – und allein schon wegen seiner angekratzten Glaubwürdigkeit alles dafür tun muss, wenigstens irgendein Umweltengelchen zu ergattern. Zupass kommt Porsche obendrein die ganz einfache Betriebswirtschaft: Wenn das Unternehmen seinen Stammsitz in Zuffenhausen ausbaut, ist es besser, die Flächen mit Produktionsstätten zu belegen als mit Parkhäusern. In den ersteren erwirtschaftet man Geld, die zweiteren kosten nur. Also ist es sinnvoll, die Mitarbeiter mit Bus und Bahn zur Arbeit fahren zu lassen.

Diese Form der Förderung kann wirklich helfen

Doch auch wenn die Motive von Rathaus- und Unternehmenschef nicht ausschließlich edel sind, sondern den eigenen Zwängen folgen: Das Ergebnis ist gut. Diese Form der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs kann wirklich helfen, die drängendsten Verkehrs- und Klimaprobleme in Stadt und Region zu verkleinern. Allein schon deswegen verdienen Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Porsche-Chef Oliver Blume ein großes Lob. Sie haben ein Signal gesetzt. Nun ist es an den anderen großen Unternehmen, diesem zu folgen.