Der früher so selbstbewusst auftretende Unternehmer Anton Schlecker wirkt vor Gericht im Bankrottprozess seltsam teilnahmslos.

Stuttgart - Anton Schlecker ist nicht wiederzuerkennen. Wer ihn zuletzt Anfang der neunziger Jahre bei einem seiner raren Auftritte vor Journalisten in der Firmenzentrale in Ehingen erlebt hat, der muss das Bild eines vor Selbstbewusstsein strotzenden Unternehmers, impulsiv bis zur Aggressivität, vergessen. Im Gerichtssaal bewegt sich ein Mann, dem jetzt jegliches Dominanzgehabe abgeht und der stattdessen bisweilen unsicher, fast wackelig wirkt. Natürlich sind ihm die Jahre anzumerken, 73 wird er im Oktober, die Haare sind weiß geworden und er selbst schmal. Und er hat sein Outfit geändert, kommt von Kopf bis Fuß in gedeckten Farben daher, in Schwarz, Grau, Dunkelblau.

 

Wer schaut regelrecht durch die Frau hindurch

Mangels aktueller Bilder hatten die wenigen Aufnahmen aus den achtziger Jahren, oft zusammen mit Gattin Christa, die Jahrzehnte überlebt. In Erinnerung geblieben war seine Aversion gegen Krawatten und seine Vorliebe für Hemden mit kräftigen Mustern und Farben. Erst jetzt gibt es neue Bilder. Schlecker kann es nicht verhindern, dass er abgelichtet wird, bei der Ankunft vor dem Gerichtsgebäude zusammen mit den Kindern, auf dem Weg zum Kaffeeautomaten oder in die Mittagspause; nur der Gerichtssaal ist tabu.

So sitzt Schlecker jetzt zu Beginn dieser Woche bei der ersten Verhandlung nach der dreiwöchigen Sommerpause fast apathisch da, allenfalls die Beine wollen sich manchmal bewegen. Immerhin unterhält er sich anfangs ein wenig mit seinem Rechtsanwalt Norbert Scharf und bringt sogar ab und zu ein Lächeln zustande. Beim Auftritt der Zeugen scheint er präsent, schaut sie zumindest an. Sein Gesichtsausdruck verrät aber keinerlei Regung, er wirkt seltsam teilnahmslos. Als seine frühere Sekretärin, die immerhin 17 Jahre lang für ihn persönlich und die Familie gearbeitet hat, im Rollstuhl in den Gerichtssaal kommt, schaut er regelrecht durch die Frau hindurch, kein Gruß, kein freundliches Nicken, nichts. Was geht in ihm vor?

Schuld sind die anderen, Markant und Hermes

Schlecker selbst hat sich an den bisher 21 Verhandlungstagen nur zweimal zu Wort gemeldet. Am zweiten Verhandlungstag am 13. März hat er eine Stunde lang seine Version der Pleite geschildert; im Juli hat er dann noch einmal eine Kurzversion davon geliefert. Der Tenor: Er selbst habe erstens stets an das Überleben seiner Drogeriekette geglaubt („Die Insolvenz war für mich unvorstellbar“, so Schlecker im März), und eine Rettung wäre zweitens möglich gewesen, wenn alle Beteiligten an einem Strang gezogen hätten. Letztlich waren es der Einkaufsverbund Markant und der Kreditversicherer Hermes, die das Unternehmen aus Schleckers Sicht fallengelassen und die Pleite ausgelöst haben.

Im Fall einer Verurteilung wegen Bankrotts droht Schlecker nach dem Strafgesetzbuch eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft. Sollte das Gericht ein schweres Vergehen feststellen, dann könnte das Urteil auf bis zu zehn Jahre Haftstrafe lauten.