Porträt der Woche: Seit 26 Jahren kümmert sich Ariane Müller-Ressing um Flüchtlinge im Bezirk. Sie hat dabei viel Schönes erlebt, aber sie hat in den Jahren auch viele traurige Geschichten gehört.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Stuttgart-Sillenbuch - Natürlich gab es die Tage, an denen sie dachte, es geht nicht mehr. In 26 Jahren kann einem einiges durch den Kopf gehen. Seit einem Vierteljahrhundert hilft Ariane Müller-Ressing Flüchtlingen, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden. Sie hat in diesen 26 Jahren viel Schönes erlebt, aber sie hat in den Jahren auch viele traurige Geschichten gehört. „Die Fluchtgeschichten sind manchmal kaum zu ertragen“, sagt sie.

 

Glückliche Gesichter als Dankeschön

Ihr gelingt es. „Der Mensch muss es ertragen, ich muss es nur anhören.“ Würde sie aufhören, „wäre das, als würde ich jemanden im Stich lassen“, sagt Ariane Müller-Ressing. Das kann sie nicht. Die 65-jährige Sillenbucherin mag Geradlinigkeit, wenn sie etwas anfängt, bringt sie es zu Ende. Und ihre Zeit mit den Flüchtlingen ist noch nicht vorbei. Ariane Müller-Ressing hat ein Projekt. Sie möchte helfen, dass Leben der Geflohenen ein bisschen leichter zu machen. Die Asylbewerber danken es ihr mit glücklichen Gesichtern oder einer Umarmung. Und von der örtlichen CDU hat die Vorsitzende des Arbeitskreises Flüchtlinge jüngst den Bürgerpreis bekommen.

Sie hört gern zu

Als sie damals vor 26 Jahren mit der Flüchtlingshilfe angefangen hat, wusste sie nicht, worauf sie sich einlässt. Sie hatte sich vorher in mehreren Elternbeiräten engagiert; als die Kinder groß waren, dachte sie sich: „Na ja, da kann man noch mal was anderes machen.“ Ihren Job hatte die studierte Volkswirtin längst aufgegeben. Familie und Beruf – das wurde Ariane Müller-Ressing irgendwann zu viel. „Ich konnte es nicht vereinbaren“, sagt sie. Sie konnte nicht für beides 100 Prozent geben. „Damit komme ich nicht zurecht. Also habe ich mich in Ehrenämter gestürzt.“

Ehrenämter passen zu Ariane Müller-Ressing. Denn sie haben meistens mit Menschen zu tun. Und Ariane Müller-Ressing ist eine Menschenfreundin. „Ich kann gar nicht anders.“ Das war schon immer so. Wenn sie zum Beispiel als Studentin mit dem Zug von Freiburg heim ins Rheinland gefahren ist, „habe ich immer ein ganzes Menschenschicksal mitgenommen“, die Lebensgeschichte des Sitznachbarn. „Ich ziehe das an“, sagt sie und hebt die Schultern. Sie hört gern zu, aber sie spricht auch gern, sagt sie. „Sprache ist mein Medium.“

Sie sieht Flüchtling und Bürokratie

„Ich kann keine starre Position vertreten“

Die Arbeit mit den Flüchtlingen ist wie für sie gemacht. Und die Jahre haben sie einiges gelehrt. „Ich kann keine starre Position vertreten“, sagt Ariane Müller-Ressing. Sie interessiert sich für beide Seiten. Für den Flüchtling und die Bürokratie. Sie bemüht sich, vorbehaltlos auf Menschen zuzugehen. „Das hilft schon viel“, sagt sie.

Zurzeit beschäftigt Ariane Müller-Ressing vor allem der Ausbau des Asylheims an der Kirchheimer Straße. Sie ist dagegen, von Massenunterkünften hält sie nichts. Aber es geht nicht nach ihr. Der Gemeinderat wird der Erweiterung zustimmen, da ist sie sich sicher. Heute ist das Thema im Sozialausschuss. Ihr Ziel ist es nun, beim Ausbau zumindest mitreden zu dürfen.

Ariane Müller Ressing erzählt von einer Frau, die vor Kurzem aus dem Libanon nach Sillenbuch kam. Wenn die Tochter nachts mal muss, steht die Mutter Schmiere. Es gibt nur Gemeinschaftstoiletten. Das sind die Dinge, gegen die Ariane Müller-Ressing kämpft. Kleinigkeiten, die helfen.