Der Druck im Dampfkessel ist gefährlich, weiß Ralf Rangnick und ist froh, dass er in seiner Salzburger Zeit bei den Festspielen den „Jedermann“ besuchte, diese gewollt unbehagliche Parabel über das Sterben des reichen Mannes. Hugo von Hofmannsthal thematisiert darin die Endlichkeit des Lebens und die Nichtigkeit des irdischen Besitzes, „und am Ende“, erinnert sich Rangnick, „habe ich zehn Minuten gebraucht, bevor ich aufstehen und nach Hause gegen konnte“.

 

Er hat sich seine Pausen im Stundenplan dick und rot angekreuzt. Er macht nur noch halb so viele Termine wie früher, „aber dafür gute“. Und der freie Tag ist unanfechtbar, „mit den Freunden und Menschen um mich herum“, die Spaziergänge durch den Wengert, das Radeln mit dem Vater. Der ist 84 und strampelt den 70-Jährigen stramm davon. Die Heilkraft der Heimat gibt es nicht auf Rezept, man muss sie sich einfach nehmen. „Ab und zu halt auch mal ohne Handy“, sagt Rangnick. „Ich habe gelernt, nein zu sagen und eine kleine Firewall um mich herum aufzubauen.“

Vater und Sohn Rangnick steigen aus dem Sattel, es ist Montagmittag. Daheim warten die Frauen mit dem Essen, und später wird es noch ein schöner Familientag, vielleicht reicht es sogar für eine Runde auf dem Golfplatz Marhördt in Oberrot. Selbst vor dem alles entscheidenden achtzehnten Loch hatte er dort früher oft das Telefon am Ohr – damals, als er noch dachte, der Tag habe achtundvierzig Stunden. Heute, an seinem freien Tag, plagt ihn nur eine verdammte Pflicht: Am Abend darf er nicht vergessen, den Wecker zu stellen, denn der Flieger in Echterdingen wartet nicht.

„Stuttgart – Leipzig, 6.55 Uhr, Flug 2074“, sagt Ralf Rangnick – er weiß es mittlerweile auswendig. Aber nächsten Montag kommt er ja wieder.