Reise: Annette Schwesig (apf)

Dennoch ist sie sehr dankbar, in jene Zeit hineingeboren worden zu sein: „Zehn Jahre früher oder später geboren, und ich würde heute an der Supermarktkasse sitzen.“ Doch in der Schule von den richtigen Lehrern mit den richtigen Büchern infiziert fürs ganze Leben, kehrt sie sofort nach dem Abitur Stuttgart den Rücken, geht nach Berlin und probiert dort nach eigener Schätzung nacheinander „zwanzig Wohngemeinschaften“ aus. Sie studiert Literaturwissenschaft und Sprachen, arbeitet als Tänzerin und Feuerspuckerin bei Peter Zadek am Schillertheater. Dann beginnt sie, erste Texte zu schreiben. Die Sprache wird ihr zur Heimat. Auch das ist nicht untypisch für die Kinder des Bildungsaufbruchs.

 

Heute hat Riedle einen Namen und eine Stelle beim Reportagemagazin „Geo“, die ihre alle Freiheiten lässt, die sie braucht. Zweimal im Jahr kommt sie nach Stuttgart, besucht ihre Schwester und freut sich am schwäbischen Dialekt. Heimat ist ein Thema für sie, gerade weil sie so viel unterwegs ist. „Heimat ist das, was man nicht erreichen kann, es ist wie die Liebe ein bloße Fiktion. Heimat ist immer schon vorbei“, sagt sie mit einer Spur Melancholie.