Nach der Mehrheitsübernahme will der Stuttgarter Kolbenhersteller Mahle alle Aktivitäten des Zulieferers Behr fortführen.  

Stuttgart - Die Zusammenführung der beiden Stuttgarter Autozulieferer Mahle und Behr schreitet zügig voran. Im September ist der Kolbenhersteller bei Behr eingestiegen; Anfang des Jahres hat er seine Beteiligung planmäßig auf knapp 37 Prozent erhöht. Der dritte Schritt - die Mehrheitsübernahme - ist für Anfang 2013 geplant. "Aus heutiger Sicht wird Mahle definitiv die Option ausüben", sagte Heinz Junker bei der Vorlage der Bilanz in Stuttgart. Auf Fragen, ob er diesen Schritt eventuell vorziehen will, reagierte der Mahle-Chef zurückhaltend: "Wir halten zunächst am Zeitplan fest." Es gebe derzeit darüber keine Gespräche, aber: "Die Kapitalmärkte sind so, dass eine vorzeitige Übernahme möglich wäre", fügte Mahle-Finanzchef Bernhard Volkmann hinzu.

 

Nach der Übernahme der Mehrheit soll der Kühlerhersteller rechtlich zwar eigenständig bleiben, organisatorisch aber in den Mahle-Konzern integriert werden. Dies soll Vorteile etwa im Vertrieb und beim Einkauf bringen. Existierende Entwicklungs- und Produktionsstandorte sollen künftig gemeinsam genutzt werden. Junker betonte, dass alle Geschäftsfelder von Behr sowie alle Joint-Venture-Aktivitäten aktiv weitergeführt werden.

Behr ist 2010 in die Gewinnzone zurückgekehrt

Dass die Zusammenführung zügig voranschreitet, zeigt eine andere Zahl: Nicht nur der neue Behr-Chef Peter Grunow kommt von Mahle. Mittlerweile haben rund ein Dutzend Führungskräfte gewechselt, sagte Junker. Die meisten seien dabei von Mahle zu Behr gegangen. "Ein gezielter Austausch von Mitarbeiter war von Anfang an geplant", so der Mahle-Chef. Auch in der IT-Abteilung könnte eine engere Zusammenarbeit schon vor der Mehrheitsübernahme Realität werden. Mit einem Abbau von Mitarbeitern werde dies aber nicht verbunden sein. Beide Abteilungen seien ähnlich, und beide seien derzeit stark belastet, erläuterte Volkmann.

Mit seinem neuen Investment dürfte Junker zufrieden sein, denn der schwächelnde Kühlerhersteller habe sich im vergangenen Jahr besser entwickelt als erwartet. Nach zwei Jahren mit Verlusten ist Behr 2010 in die Gewinnzone zurückgekehrt. "Seit Jahresmitte 2010 verzeichnen wir in allen Bereichen einen stabilen Wachstumskurs", wird Behr-Chef Grunow in einer Mitteilung zitiert. Und 2011 soll ein "weiteres starkes Jahr" für Behr werden. Im ersten Quartal sei der Umsatz um 25 Prozent auf 939 Millionen Euro in die Höhe geschnellt. Zudem sei das operative Ergebnis nachhaltig verbessert worden. Mittelfristiges Ziel sei eine Umsatzrendite von fünf Prozent. Aufgrund der positiven Entwicklung und der Beteiligung von Mahle über eine Kapitalerhöhung konnte der Kühlerhersteller seine Schulden reduzieren. Ende vergangenen Jahres lagen sie noch bei 378 (Vorjahr: 524) Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote ist Ende 2010 wieder auf 20,2 (12,6) Prozent gestiegen. Ende März betrug sie bereits 24 Prozent.

Junker sieht Chancen im bestehenden Geschäft

Auch bei Mahle laufen die Geschäfte derzeit gut. Nicht zuletzt wegen der positiven Entwicklung in Asien/Pazifik ist der Umsatz des Kolbenherstellers kräftig gestiegen. In dieser Region wurde gut 50 Prozent mehr umgesetzt. Sie trägt mittlerweile bereits 20 Prozent zu den gesamten Erlösen bei. Auch das laufende Jahr hat positiv begonnen. Im ersten Quartal sei der Mahle-Umsatz um 25 Prozent gewachsen. Für das gesamte Jahr erwartet Junker Erlöse von 5,5 Milliarden Euro, das würde einem Plus von knapp fünf Prozent entsprechen. Positiv soll sich auch das Ergebnis entwickeln. Ein Teil des Wachstums - rund 100 Millionen Euro im Jahr 2011 - wäre auf die erstmalige Einbeziehung des Anfang vergangenen Jahres übernommenen Industriegeschäftes von Mahle zurückzuführen. Wie sich die Katastrophe in Japan auswirken werde, sei derzeit nicht abzuschätzen.

Längerfristig sieht Junker Chancen im bestehenden Geschäft. Gemeinsam könnten Mahle und Behr vom Komponenten- zum Systemlieferanten werden. Als Beispiele nannte Junker Klimageräte mit integrierten Innenraumluftfiltern oder Flüssigkeitsfilter mit integrierten Kühl- und Heizfunktionen. Auch bei Kühl- oder Heizgeräten für künftige Elektroautos rechnet er sich gute Chancen aus.