Zwischen dem Rathaus und der Altstadt entsteht ein Wohn- und Geschäftsquartier mit dem Brückenschlag zum Marktplatz.

Leonberg - Die Weichen für die Zukunft des Postareals sind gestellt. Mit einer am Ende doch deutlichen Mehrheit von 19 zu zehn Stimmen hat der Leonberger Gemeinderat den Weg für die Bebauung des Geländes zwischen der Lindenstraße und der Bahnhofstraße geebnet, dort wo jetzt noch die Gebäude der früheren Hauptpost stehen.

 

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Mit dem Votum ist ein vorläufiger Schlusspunkt unter eine fast 15 Jahre andauernde Debatte über die Gestaltung jenes innerstädtisches Raumes gesetzt, der den historischen Marktplatz mit dem Neuköllner Platz und dem Leo-Center verbinden soll. Das jetzige Vakuum hatte einst die Leonberger Bausparkasse mit ihrem Verwaltungskomplex gefüllt. Doch mit dem Abriss der wuchtigen Gebäude und dem Umzug der Frachtpost ins Gewerbegebiet Leo West war klar, dass hier etwas Neues entstehen muss.

100 neue Wohnungen und ein Bio-Supermarkt

Aus einem von der Stadt ausgelobten Investorenwettbewerb war vor zweieinhalb Jahren ging der international agierende Projektentwickler Strabag Real Estate als Sieger hervorgegangen. Die Planer von der Stuttgarter Strabag-Niederlassung wollen auf dem ehemaligen Postgelände ein neues Quartier mit 100 Wohnungen, Geschäften, Cafés, Restaurants, einem Bio-Supermarkt und einem Drogeriemarkt errichten. Herzstücke des neuen Viertels sind ein autofreier Platz inmitten des Quartiers und ein sechs Meter breiter Steg in Richtung Marktplatz, der von Fußgängern und Radlern genutzt werden kann.

Obwohl der Jury, die Ende 2018 den Strabag-Entwurf als den besten gekürt hatte, Ratsmitglieder angehörten, gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Debatten. Zuletzt umstritten war die geplante Anlieferung der großen Märkte an der Eltinger Straße gegenüber der alten Schuhfabrik. Dass in dieser exponierten Lage Lastwagen rückwärts ins Gelände hineinsetzen sollten, gefiel gerade den Grünen und der FDP nicht.

Lob von Oberbürgermeister Cohn

Strabag änderte die Pläne und präsentierte zur finalen Entscheidung des Gemeinderates eine Variante, wonach die Hauptandienung der großen Märkte auf Höhe des Hauses der Begegnung erfolgen soll. Der Vorteil: Nachbarn werden hier nicht gestört. Lediglich einige wenige Lieferfahrten zum Einzelhandel und der Gastronomie könnten weiter nördlich erfolgen.

Im Gemeinderat verwies der Stuttgarter Strabag-Projektleiter Axel Möhrle darauf, dass sein Haus den Wunsch nach einer neuen Anlieferungsvariante sehr ernst genommen habe: „Um zu gewährleisten, dass der Warenfluss passt, war eine komplette Neuorganisation des Untergeschosses und die Zustimmung der Handelspartner nötig. Aber jetzt wird es gut funktionieren.“

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Lob gab es vom Oberbürgermeister: „Strabag hat seine Hausaufgaben gemacht.“ Martin Georg Cohn (SPD) bezeichnete das Projekt als „einen Meilenstein für die ganze Stadt“. FDP-Fraktionschef Dieter Maurmaier, der sich persönlich in die Planung eingebracht hatte, nannte das Projekt eine „mutige Zukunftsentscheidung“ und erinnerte daran, dass die Jury Strabag „die Erfüllung der städtebaulichen Ziele attestiert hat“.

Grüne befürchten Verkehrschaos

Christa Weiß (SPD) bezeichnete die Diskussionen der vergangenen Jahre als „Langstrecken- und Hürdenlauf“. Sie freut sich besonders, dass die Anwohner in der Nordstadt beim Einkaufen kurze Wege haben werden und aufs Auto verzichten können. „Eine Neuplanung würde uns Jahre zurückwerfen“, befürchtete Wolfgang Schaal (Freie Wähler).

Ganz anders Bernd Murschel: „Wir zementieren uns die Probleme der nächsten 50 Jahre in die Stadt“, prophezeite der Grünen-Fraktionschef. Statt Verkehrsberuhigung gebe es Verkehrschaos. Die mit dem Projekt anvisierte Stärkung der Altstadt kann Murschel „nicht erkennen“. Stattdessen gebe es ein neues Zentrum, das Kunden vom Marktplatz abziehen werde.

Kurzinfo: Das Postareal

15-Minuten-Stadt
 Das neue Quartier auf dem Postareal wird nach dem Konzept der 15-Minuten-Stadt geplant  Einkaufsmöglichkeiten mit Artikeln des täglichen Bedarfs, Gastronomie, Ärzte, Kindergärten, Schulen und Behörden sollten im Umkreis von 15 Minuten liegen und fußläufig erreichbar sein. Ähnliche Konzepte wurden bereits in Quartieren von Metropolen, etwa Paris, realisiert.

Brückenschlag
 Der Überweg für Fußgänger und Radler zwischen dem Postareal und der Altstadt soll mehr als ein normaler Steg sein. Strabag plant an beiden Enden „Anker“: kleinteiligen Fachhandel oder ein Café mit Bäckerei. Der Brückenschlag über den Eltinger Fußweg wird sechs Meter breit.

Zeitschiene
 Das Planungsamt erstellt einen Bebauungsplan, parallel arbeiten Stadt und Investor einen Kaufvertrag aus. Das Postgebäude soll 2022 abgerissen werden. Der Neubau dürfte drei Jahre dauern.