Lange hat die Kanzlerin gewartet, nun will sie sagen, wer in der CDU die Ministerposten erhalten soll. Der konservative Merkel-Kritiker Jens Spahn soll das Gesundheitsministerium übernehmen.

Berlin - Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel gibt dem Druck junger Konservativer in der Partei nach und macht Finanzstaatssekretär Jens Spahn zum Minister. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll er das Gesundheitsministerium von Hermann Gröhe übernehmen, falls die SPD-Mitglieder grünes Licht für eine neue große Koalition geben. Damit holt sie dann einen ihrer profiliertesten konservativen Kritiker ins Kabinett.

 

Über die Entscheidung berichtete als erste die „Bild am Sonntag“. Offiziell will die Kanzlerin den Führungsgremien ihrer Partei ihre Liste für die Ministerposten der CDU an diesem Sonntag vorlegen. Dann tagen nacheinander das CDU-Präsidium und der Parteivorstand.

Nach Informationen der „Bild am Sonntag“ soll die bisherige Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz Staatsministerin für Integration im Kanzleramt werden. Sie ist Chefin der Frauen-Union und gilt als Merkel-Anhängerin. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen soll im Amt bleiben.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird es in der CDU für möglich gehalten, dass Merkel den bisherigen Gesundheitsminister Hermann Gröhe als Nachfolger von Peter Altmaier zum Kanzleramtschef macht. Altmaier gilt sei längerem als gesetzt für das Amt des Wirtschaftsministers. Der bisherige Staatsminister im Kanzleramt, Helge Braun, könnte demnach Minister für Bildung und Forschung werden. In der CDU wurde nach dpa-Informationen zudem davon ausgegangen, dass Merkel der rheinland-pfälzischen CDU-Chefin Julia Klöckner das Agrarressort anvertraut.

Parteitag am Montag

Die Personalentscheidung für Spahn gilt als Zeichen dafür, dass Merkel vor dem Parteitag an diesem Montag ihren Widersachern entgegenkommen will. Die 1001 Delegierten sollen dem Koalitionsvertrag mit der SPD zustimmen und Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin von Peter Tauber zur Generalsekretärin wählen.

Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen erklärte, Merkel trage Spahn das Gesundheitsministerium nur an, um ihn aufs Abstellgleis zu stellen. Dieser Posten sei die „schlimmste Strafe für einen echten Konservativen“, sagte Meuthen der dpa.

Vor allem ausgewiesene Konservative und der Parteinachwuchs hatten von Merkel nach dem schlechtesten Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit 1949 eine personelle Erneuerung und Verjüngung von Regierung und Partei verlangt. Das Ringen ist zugleich ein Richtungsstreit um die Frage, ob die CDU wieder weiter nach rechts rücken soll. Unter Merkel hatte die Partei manche konservative Position aufgegeben. Noch in Interviews vom Samstag wurde heftig über die Ausrichtung debattiert.

Der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, forderten ein konservativeres Profil der Union. Beide begründeten dies in den Funke-Zeitungen und der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag) auch mit dem Wunsch, zur AfD abgewanderte Wähler zurückzugewinnen.

Richtige Mischung zwischen Jungen und Erfahrenen

Aber auch Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther räumte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) ein: „Manchmal könnte das Konservative der Union gern kräftiger hervortreten.“

Die Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Volker Bouffier und Armin Laschet, dagegen betonten im „Focus“, dass das Konservative nur eine von mehreren Säulen der Union sei - neben christlich-sozialen und liberalen Kräften. Klöckner unterstrich in der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Samstag): „Erneuerungen zu fordern oder dass es kein „Weiter so“ geben dürfe, klingt gut, ist aber erst einmal nur Überschrift, noch kein Inhalt.“ Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag): „Die Kunst besteht in der richtigen Mischung zwischen Jungen und Erfahrenen. ... Der Mix macht’s.“

Mit Spannung wird nun erwartet, wie die Delegierten des Parteitags am Montag auf Merkels Personaltableau reagieren. Intern war etwa kritisiert worden, dass die Kanzlerin der SPD in den Koalitionsverhandlungen das wichtige Finanzressort überlassen musste.

Bei der Wahl Kramp-Karrenbauers zur neuen Generalsekretärin wurde als Zeichen der Geschlossenheit mit einem guten Ergebnis von über 90 Prozent gerechnet. Dagegen könnte die Zustimmung für den Koalitionsvertrag geringer ausfallen - als Art Ventil des Unmuts gegenüber Merkels Verhandlungsführung in den Gesprächen mit den Sozialdemokraten.