Von den Bachelorstudenten in Baden-Württemberg kehren 18 Prozent in den ersten Semestern der Hochschule den Rücken. Das sind weniger als in anderen Ländern, aber der Wissenschaftsministerin dennoch zu viele. Theresia Bauer will Studienanfängern mehr Unterstützung anbieten.

Stuttgart - In den Naturwissenschaften und in den Ingenieurstudiengängen kapitulieren viele Studierende in Baden-Württemberg schon in den ersten Semestern. Sie finden die Anforderungen zu hoch, 31 Prozent der Abbrecher geben Leistungsprobleme als Grund für ihre Entscheidung an. Zu groß sei die Lücke zwischen den Anforderungen der Hochschulen und den fachlichen Fähigkeiten, die die Studierenden mitbringen. Das geht aus einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wirtschaftsforschung (DZHW) hervor über Abbrecher des Jahres 2014 hervor.

 

Im Bundesvergleich steht Baden-Württemberg zwar relativ gut da. Im Südwesten brechen 18 Prozent derer, die für ein Bachelorstudium eingeschrieben sind, ab. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 29 Prozent. Dennoch sieht Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) Handlungsbedarf.

Druck bei den Mintfächern

Gerade im Mintbereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) mit seinen hohen Abbrecherquoten steht auch Baden-Württemberg Bauer zufolge unter Druck. Die Studienkapazitäten wurden ausgebaut, die Trommel für die Fächer ausgiebig gerührt. Das hält Bauer nach wie vor für richtig: „Wir haben einen hohen Fachkräftebedarf“. Allerdings betrachtet die Ministerin ein erfolgreiches Studium „nicht nur als Frage des individuellen Vermögens“. Für Bauer steht fest: „wir müssen mehr Unterstützung anbieten“.

Mehr Abbrecher an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften

Zu schaffen macht der Regierung, dass die Abbrecherzahlen an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) deutlich gestiegen sind – auf 27 Prozent. Die einstigen Fachhochschulen gelten als klassische Aufsteigerschulen. Doch die soziale Herkunft erweist sich der Studie zufolge als wichtiger Faktor für den Studienerfolg. Akademikerkinder tun sich an den Hochschulen deutlich leichter. Erfolg verspricht auch ein Abitur, abgelegt an einem allgemeinbildenden Gymnasium. Die HAW nehmen viele Studierende mit Fachhochschulreife auf. Wer auch noch sein Wunschfach studieren kann, scheitert ebenfalls seltener. Die Abbrecherquote an den Universitäten ist zwar mit 32 Prozent höher als die der HAW, aber sie entwickelt sich besser. Sie ist gesunken.

Wissenschaftler will aussagekräftige Schulnoten

Vorschläge zur Verbesserung der Lage gibt es reichlich. Ulrich Heublein vom DZHW, der die Sonderauswertung der bundesweiten Studie für Baden-Württemberg gemacht hat, nennt die „Abstimmung zwischen Schulen und Hochschulen nicht optimal“. Lehrer und Professoren sollten gemeinsam einen Anforderungskatalog erstellen und Kompetenzen definieren. Heublein spricht sich auch für aussagekräftige Schulnoten aus. „Wer eine Eins in Mathe hat, muss bestimmte Anforderungen erfüllen können“, sagt der Wissenschaftler.

Die Arbeitgeber Baden-Württemberg fordern erneut, dass die Mint-Kompetenzen in den Schulen gestärkt werden. Informatik müsse an allen Schularten Pflicht werden. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hebt die Bemühungen des Landes hervor. Sie lobt den Vertiefungskurs Mathematik, der bereits die allgemein bildenden Gymnasien mit den Hochschulen verzahne und eine Brücke zum Studium der Mintfächer bilde. In diesem Schuljahr besuchten 3800 Schüler im Land solche Kurse. Für die Geisteswissenschaften werde ein ähnliches Modell entwickelt, so Eisenmann.

Staatssekretärin betont Gleichwertigkeit beruflicher Bildung

Gute Schulnoten und frühe umfassende Information über Studien- und Berufswege bereits an den Schulen gelten als wichtige Erfolgsfaktoren. Das Land schickt seit Jahren Studien- und auch Ausbildungsbotschafter in die Schulen. Ganz wichtig sei, dass eine berufliche Ausbildung als gleichwertig mit einer Hochschulausbildung angesehen werde, betonte Wirtschaftsstaatssekretärin Katrin Schütz (CDU). Das könne Fehlentscheidungen vorbeugen. Die Studienanfänger im Südwesten fühlen sich tatsächlich besser informiert, als die anderer Länder.

Systematische Unterstützung für Studienanfänger

Das Informationsangebot soll ebenso intensiviert werden wie die systematische Unterstützung von Anfängern in den ersten Semestern. Auch hier gibt es seit 2016 verschiedene Ansätze in Baden-Württemberg. die Wissenschaftsministerin Bauer bewertet die Modell positiv. Sie hält auch ein Orientierungssemester vor dem eigentlichen Studienbeginn für sinnvoll. Empfohlen wird auch, Vorkurse zur Pflicht zu machen. Ulrich Heublein vom DZHW sieht ferner Nachholbedarf an den Hochschulen bei Nachbesprechungen von Arbeiten und beim individuellen Feedback.