Der Verbandspräsident Wolfgang Panter plädiert dafür, Betriebsärzte rasch an der Impfkampagne zu beteiligen: „Wir sind nahe bei den Menschen.“

Automobilwirtschaft/Maschinenbau: Matthias Schmidt (mas)

Stuttgart - Dr. Wolfgang Panter ist seit 1999 Präsident des Verbandes deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW). In verschiedenen Ausschüssen berät der 71-Jährige das Bundesarbeits- und das Bundesfamilienministerium. Panter plädiert im Interview dafür, auch in den Betrieben rasch Impfungen durchzuführen. Es gehe jetzt darum, schnell möglichst viele systemrelevante Gruppen zu schützen.

 

Herr Panter, es gibt mehr als 12 000 Betriebsärzte in Deutschland. Wäre es sinnvoll, dass sie die Corona-Schnelltests in den Unternehmen vornehmen?

Betriebsärzte machen solche Tests heute schon überall dort, wo es besonders angezeigt ist, etwa in klinischen Einrichtungen. Insofern wäre das nichts Neues.

Wäre es denn flächendeckend sinnvoll?

In der Arbeitsmedizin geht man immer von Gefährdungsanalysen aus und nimmt Abstufungen vor. Es gibt Institutionen, da ist regelmäßiges Testen essenziell – denken Sie an Altenheime, Krankenhäuser oder Arztpraxen, wo Krebsbehandlungen stattfinden. Dagegen sind auf einer Autobahnbaustelle, wo im Freien und mit Abstand zueinander gearbeitet wird, die Risiken deutlich geringer. Es gibt aber auch industrielle Arbeitsplätze, wo es eng zugeht, wie beim Innenausbau der Autos am Band bei Daimler oder in Großraumbüros. Man sollte also priorisieren. Für dringender und entscheidend halte ich aber die Frage, wie das Impfen beschleunigt werden kann.

Welche Rolle können dabei Betriebsärzte spielen?

Es gibt derzeit in einigen Bundesländern mehr Impfstoff, als verabreicht wird. Es geht jetzt darum, nach den Altenheimen und Krankenhäusern weitere systemrelevante Bereiche schnell zu schützen. Dabei können wir eine wichtige Rolle spielen, da wir sehr dezentral organisiert sind und nahe bei den Menschen sind. Wir müssen schauen, dass möglichst rasch viel geimpft wird.

Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein?

Die Lieferung muss organisiert sein und zudem die Haftung. Für die Impfzentren übernimmt sie der Staat, das ist ein wichtiger Aspekt bei neuen Impfstoffen, für die es noch wenig Praxiserfahrung gibt. Außerdem muss die Vergütung geregelt sein. Das ist vielleicht kein Thema beim Werksarzt in einem großen Unternehmen, der es in seiner üblichen Arbeitszeit macht. Es gibt aber auch überbetriebliche Dienste, die nach Leistungen vom Unternehmen bezahlt werden. Das Impfen ist eine Aktion nach dem Infektionsschutzgesetz, die nicht das Unternehmen tragen muss.

Was wäre noch zu klären?

Der bürokratische Aufwand nach einer Corona-Impfung ist deutlich höher als beispielsweise nach einer Grippeimpfung, bei der es mit einem Stempel getan ist. Pro Kopf gibt es etwa vier Seiten Papier mit persönlichen Daten, Einverständniserklärung, Impfdokumentation und so weiter. Man braucht das Personal dafür, diese Daten zu digitalisieren und dann nach Berlin ans Robert-Koch-Institut und ans Paul-Ehrlich-Institut zu schicken.

Wie schnell könnten Sie anfangen?

In den großen Einheiten innerhalb von ein, zwei Tagen. Zeitkritisch ist eher der politische Vorlauf, bis die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Betroffenen sollten dann die Wahlfreiheit haben, ob sie zum Betriebsarzt oder ins Impfzentrum gehen, um sich lange Wege zu ersparen.