Die Entwicklung der Europäischen Union bereitet Stephan Harbarth große Sorgen. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts stellt klar: „Freiheit ist nicht denkbar ohne unabhängige Gerichte.“

Karlsruhe - Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, macht sich Sorgen um die Entwicklung in der Europäischen Union. „Der unaufhaltsame Siegeszug, den die freiheitliche Demokratie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989/90 anzutreten schien, ist in den vergangenen Jahren leider zu einem vorläufigen Stillstand gekommen“, sagte er den „Badischen Neuesten Nachrichten“ (BNN) am Montag. „Manche sehnen sich nach autoritären Herrschaftssystemen.“ Deshalb seien alle aufgerufen, die Freiheit zu verteidigen. „Freiheit ist nicht denkbar ohne unabhängige Gerichte“, fügte Harbarth hinzu, ohne unter anderem die Situation in Polen direkt anzusprechen.

 

Dort baut Polens nationalkonservative PiS-Regierung das Justizwesen seit Jahren um. Kritiker werfen ihr vor, Richter unter Druck zu setzen. Die EU-Kommission hat wegen der Reformen bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen Warschau eröffnet und Klagen beim EuGH eingereicht.

Am vergangenen Donnerstag hatte Polens Verfassungsgericht geurteilt, dass bestimmte Elemente des EU-Rechts gegen die polnische Verfassung verstoßen. Damit gab es nationalem Recht den Vorrang vor EU-Recht. Diese Entscheidung hat den Konflikt zwischen der EU-Kommission und Warschau weiter angeheizt.