Präsidentenwahl beim VfB Stuttgart Claus Vogt, Volker Zeh oder doch Mister Unbekannt?

Claus Vogt (rechts) will auf der nächsten Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart wieder zum Präsidenten gewählt werden. Doch dafür müsste er vom Vereinsbeirat um Wolf-Dietrich Erhard nominiert werden. Foto: Baumann

Die Zeit drängt, doch der Vereinsbeirat des VfB Stuttgart sucht noch immer geeignete Kandidaten für das Präsidentenamt beim Fußball-Bundesligisten. Warum dauert dieses Nervenspiel so lange?

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Volker Zeh lässt sich nicht beirren. Unerschrocken hält der Unternehmer aus dem Remstal an seiner Bewerbung für das Präsidentenamt beim VfB Stuttgart fest. Dem ganzen Führungschaos zum Trotz. Dabei könnte der 56-jährige Familienvater zwischen seinen Wohnsitzen bei Schorndorf, in Kitzbühel und auf Mallorca doch ein viel schöneres Leben führen wie als öffentlicher Prellbock eines in sich gespaltenen Vereins.

 

Aber solche Herausforderungen reizen Zeh. Er gilt als Macher, auch als ein guter Typ. Zudem ist er als Geschäftsmann erfolgreich. „Den unternehmerischen Teil des Anforderungsprofils erfüllt Volker Zeh mit Sicherheit“, sagt Wolfgang Kuhn über den einzig offiziell verbliebenen Präsidentschaftskandidaten neben Amtsinhaber Claus Vogt nach dem Rückzug von Thomas Hitzlsperger vor neun Tagen.

Ein geeigneter Kandidat sagt ab

Kuhn, der frühere Vorstandsvorsitzende der Südwestbank, kennt Zeh schon lange – und er kennt die Verhältnisse beim VfB. Es gibt nicht wenige Menschen rund um den Club, die sich Kuhn als Präsidenten vorstellen könnten. Nach dem Rücktritt von Wolfgang Dietrich im Sommer 2019 wurde der einstige Topbanker auch gefragt. Aus familiären Gründen und einer anders ausgelegten Lebensplanung entschied Kuhn sich dagegen – und dabei ist es geblieben.

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Was beispielhaft zeigt, wie schwer sich der Vereinsbeirat tut, geeignete Kandidaten für den Präsidentenposten zu finden. Das liegt zum einen an der schier ausweglosen vereinspolitischen Situation beim VfB, zum anderen aber auch an den Anforderungen an die Stelle, die zwei gegensätzliche Pole verbinden soll. Zum einen sollte der Vereinschef in nahezu allen Fangruppen Akzeptanz finden und dem schwäbischen Fußballstolz mit mehr als 70 000 Mitgliedern ein Gesicht geben. Er muss auch versöhnlich wirken – und zum anderen ist er Aufsichtsratschef der AG. Deshalb soll er sich in den entsprechenden Strukturen bewegen können und Spitzenmanagern aus der Wirtschaft meinungsstark gegenübertreten. Und das alles ehrenamtlich.

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Zugetraut wird diese Aufgabe Rudi Sprügel, dem Gründer des Sportartikelherstellers Jako. Der Name des langjährigen Firmenchefs wurde beim Vereinsbeirat vor Längerem hinterlegt, und das Gremium, das über das Auswahlverfahren herrscht, liebäugelte mit Sprügel. Das Problem: Der 63-Jährige hat sich zwar aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, sitzt aber im Aufsichtsrat von Jako, das neben dem VfB weitere Erst- und Zweitligisten ausrüstet. Allein diese Konstellation schließt eine Kandidatur aus. Sprügel selbst will auch kein neues Amt übernehmen und sich dem Vorsitz des Kontrollgremiums bei Jako widmen.

Die verzweifelte Suche nach einer Lösung dauert deshalb schon Wochen. Und die Zeit drängt immer mehr. Ursprünglich wollte der Vereinsbeirat am 18. Januar die beiden Kandidaten benennen, die auf der geplanten Mitgliederversammlung am 18. März zur Wahl stehen sollen. Im Vorfeld wurden auch die Gespräche mit den Bewerbern geführt. Seither herrscht Funkstille. Der Vereinsbeirat ringt darum, ob er Vogt überhaupt aufstellen soll – es werden ihm diverse Verfehlungen in der Amtsführung angekreidet.

Der Vereinsbeirat ist sich nicht einig

Ja, auf jeden Fall, sagt noch immer die Pro-Präsidenten-Fraktion. Sie besteht aus drei Stimmen, und ihr Hauptargument lautet, dass Vogt durch die Wahl der Mitglieder im Dezember 2019 legitimiert sei. Nein, auf keinen Fall, sagt die Contra-Präsidenten-Fraktion. Sie setzt sich aus drei Überzeugungstätern und zwei lange hin- und hergerissenen Vereinsbeiräten zusammen. Bis Mittwoch sollte eine Entscheidung fallen. Weil dann fristgerecht zur eigentlichen Mitgliederversammlung eingeladen werden sollte. Doch nun steht eine Verlegung im Raum, und der Vereinsbeirat benötigt ohnehin mehr Zeit – unabhängig von der Aufklärung der Datenaffäre, die man abwarten wollte.

Theoretisch könnten Wolf-Dietrich Erhard und Co. sogar erst auf der Versammlung einen Vorschlag unterbreiten, aber das wäre der angespannten Situation nicht angemessen. Spätestens drei Wochen vor der Wahl sollen die Mitglieder wissen, wen sie wählen können.

Bleibt also Zeh? Doch der soll im Vereinsbeirat nicht restlos überzeugt haben, ließen Beteiligte durchsickern. Oder eben ein Mister X, da eine Agentur eingeschaltet ist, um weitere Kandidaten zu finden. Vieles deutet darauf hin, dass eine unbekannte Größe im Spiel ist. Das Problem hier: Sofern es sich um keinen Prominenten handelt, wird diesem in einer Online-Wahl gegen den in bestimmten Fankreisen beliebten Vogt nur eine kleine Chance eingeräumt. Denn während der Pandemie bleibt kaum Gelegenheit, sich bekannt zu machen.

Zeh nimmt aber auch dies in Kauf. Selbst wenn der Präsident des Eishockeyclubs in Kitzbühel zuletzt in eine falsche Ecke gestellt wurde. Er stehe dem Ankerinvestor Daimler nahe, hieß es aus Kreisen der Ultrafans. Doch Zeh zählt nicht zum VfB-Establishment. Er ist, so heißt es aus seiner Ecke, ein unabhängiger Kandidat, der sich nur für seinen Herzensverein engagieren will.

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